Kursangebot | Fertigungstechnik | Werkstoffsubstitution

Fertigungstechnik

Werkstoffsubstitution

 

01. Welche Bedeutung hat die Werkstoffsubstitution für den Fertigungsprozess?

Die Entscheidung für die in einem Fertigungsprozess einzusetzenden Werkstoffe ist komplex und orientiert sich an einer Vielzahl von Faktoren, z. B.:

  1. Technologische Eigenschaften des Werkstoffs, z. B.:

    Umformbarkeit, Spanbarkeit, Gießbarkeit.

  2. Mechanische Eigenschaften des Werkstoffs, z. B.:

    Härte, Festigkeit.

  3. Chemische Eigenschaften des Werkstoffs, z. B.:

    Hitze- und Korrosionsbeständigkeit.

  4. Physikalische Eigenschaften des Werkstoffs, z. B.:

    Dichte, Schmelzpunkt, Leitfähigkeit.

  5. Kosten des Werkstoffs, z. B.:

    Beschaffungskosten (Rohstoffmärkte), Kosten der Be- und Verarbeitung (z. B. Energiekosten → Energiebilanz des Unternehmens), Entsorgungskosten

  6. Ökologische Aspekte, z. B.:

    Verknappung der Ressourcen, Abhängigkeit von Lieferanten, Belastung der Umwelt mit Abfällen, Emissionen u. Ä., Möglichkeiten und Kosten der Entsorgung bzw. Aufbereitung (Stichworte: Ökobilanz des Unternehmens, Umweltzertifizierung).

  7. Gesellschaftliche Aspekte, z. B.:

    Meinung der Verbraucher, Gefahren der gesundheitlichen Schädigung bei der Herstellung und beim Gebrauch von Produkten (Stichwort: Kontaminierung).

 

02. Welche Beispiele der Werkstoffsubstitution lassen sich anführen?

  1. Konstruktionswerkstoffe im Fahrzeugbau:

    Stähle und Gusslegierung sind nach wie vor dominierend. Ihr Einsatz wird durch legierungs- und fertigungstechnische Maßnahmen laufend verbessert. Trotzdem finden alternative Werkstoffe ihre Verwendung. Im Gegensatz zu früher wird heute ein Pkw nur noch zu rd. 50 % aus Stahl gefertigt.

    → Unter dem Aspekt der Leichtbauweise (Gewicht, Komfort, Sicherheit, Energieverbrauch des Fahrzeugs) bieten Leichtmetalle, Polymere, thermoplastische Kunststoffe, Magnesiumlegierungen, Faser- und Schichtverbundwerkstoffe deutliche Vorteile. Dem stehen zum Teil Probleme der Entsorgung und des Recyclings gegenüber.

    → Der Versuch, keramische Werkstoff im Motorenbereich einzusetzen, scheiterte bisher nicht an den Eigenschaften des Werkstoff, sondern an der Wirtschaftlichkeit der Herstellung.

  2. Konstruktionswerkstoffe im Flugzeugbau:

    → Statt metallischer Komponenten werden zunehmend langfaserverstärkte Polymer Compositen und Metall-Polymer-Schichtverbunde eingesetzt (Gewichtsreduktion).

  3. Konstruktionswerkstoffe im Maschinenbau:

    → PZT (Blei-Zirkon-Titanat) ist ein multifunktioneller Werkstoff, der über den piezoelektrischen Effekt mechanische Verformung in elektrische Signale umwandelt und umgekehrt. Daher lässt er sich ebenso als Sensor wie als Aktor einsetzen (neuestes Beispiel: Feinsteuerung der Kraftstoffeinspritzung bei Dieselmotoren).

  4. Konstruktionswerkstoffe für Produkte des täglichen Bedarfs:

    → Seit vielen Jahren bekannt ist der „Siegeszug“ der Kunststoffe als Werkstoffbasis für Gegenstände des täglichen Bedarfs (zu den vielfältigen Eigenschaften der Kunststoffe vgl. 2.4.1.2). Im Bereich der Haushaltsgeräte, der Motorengehäuse bei Elektrogeräten sowie in der Elektroindustrie haben z. B. Kunststoffe die traditionellen Werkstoffe wie Holz, Keramik und Stahl verdrängt. Ursache dafür sind die hervorragenden Bearbeitungseigenschaften sowie günstige Kostenrelationen. Nicht immer trifft diese Entwicklung auf den uneingeschränkten Zuspruch der Verbraucher (z. B. Gleichförmigkeit und stereotypes Aussehen der Produkte, mangelhafte Festigkeit und übermäßiger Verschleiß z. B. beim Ersatz von Metallzahnrädern durch Kunststoffe usw.).

Insgesamt ist jede Entscheidung des Einsatzes alternativer Werkstoffe unter dem Aspekt der Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften, der Wirtschaftlichkeit und der Ökologie zu sehen. Dabei spielt der Gesichtspunkt der „Nachhaltigkeit“ eine zunehmende Rolle: Es sind nicht nur die kurzfristig entstehenden Fertigungskosten substituierbarer Werkstoffe zu betrachten, sondern der Gesamtaufwand zur Herstellung, zum Betrieb und zur Entsorgung eines Produkts ist zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund ist auch die Einführung des neuen ElektroG durch den Gesetzgeber zu sehen.