Kursangebot | Rechtsbewusstes Handeln | Ziel und Aufgaben der Betriebsvereinbarung

Rechtsbewusstes Handeln

Ziel und Aufgaben der Betriebsvereinbarung

01. Was ist eine Betriebsvereinbarung?

  • Die Betriebsvereinbarung ist ein schriftlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über generelle Regelungen der betrieblichen Arbeitsverhältnisse oder der betrieblichen Ordnung (§ 77 BetrVG, z. B. Taschenkontrolle). Der Vertrag ist an geeigneter Stelle auszulegen. Die Betriebsvereinbarung ist damit die bedeutendste und häufigste Form der Ausübung von Mitbestimmungsrechten. Sie ist sozusagen der kleine Bruder des Tarifvertrages auf der Betriebsebene. Die Betriebsvereinbarung gilt zu Gunsten aller aktiven Arbeitnehmer eines Betriebes unmittelbar und zwingend – mit Ausnahme der leitenden Angestellten.

  • Die Durchführung der Betriebsvereinbarung liegt allein in der Hand des Arbeitgebers. Der Betriebsrat darf nicht durch einseitige Handlungen in die Leitung des Betriebes eingreifen.

 

02. Welche zwei Arten einer Betriebsvereinbarung gibt es?

  1. Erzwingbare Betriebsvereinbarung:

    Der Arbeitgeber kann die Angelegenheit nicht ohne den Betriebsrat wirksam regeln. Dies betrifft vor allem Angelegenheiten nach dem § 87 BetrVG. Eine Betriebsvereinbarung z. B. über die Lage der Pausen – nach § 87 BetrVG – kann vom Betriebsrat erzwungen werden, ohne dass sich der Arbeitgeber diesem Bestreben entziehen kann. Die Einigungsstelle kann die fehlende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzen. Die Nachwirkung von Betriebsvereinbarungen gilt nur in den Angelegenheiten, in denen der Spruch der Einigungsstelle die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt – also in den Fällen erzwingbarer Mitbestimmung (§ 77 Abs. 6 BetrVG).

  2. Freiwillige Betriebsvereinbarung:

    Der Arbeitgeber kann freiwillig zusätzliche Angelegenheiten durch Betriebsvereinbarung abschließen. Hier kann die Einigungsstelle nicht die fehlende Einigung ersetzen. Beispiele werden in § 88 BetrVG genannt:

    • zusätzliche Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen

    • Maßnahmen des betrieblichen Umweltschutzes

    • die Errichtung von Sozialeinrichtungen

    • Maßnahmen zur Förderung der Vermögensbildung

    • Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitnehmer.

    Betriebsvereinbarungen über freiwillige Angelegenheiten (§ 88 BetrVG) wirken nicht nach (beispielsweise Vereinbarungen über freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, u. a. freiwilliges Urlaubsgeld oder freiwillige Förderung der Vermögensbildung).

 

03. Was kann nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung (BV) sein?

Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, können nicht Gegenstand einer BV sein (§ 77 Abs. 3 BetrVG), es sei denn, der Tarifvertrag enthält eine Öffnungsklausel (= lässt derartige Regelungen ausdrücklich zu).

 

04. Wann endet eine Betriebsvereinbarung?

Die Betriebsvereinbarung endet wie jede andere Vereinbarung auch

  • mit Ablauf der vereinbarten Zeit (z. B. von vornherein befristete Betriebsvereinbarungen),

  • mit Zweckerreichung (z. B. Verlegung der Arbeitszeit im Rahmen eines Sonderprojektes),

  • bei Kündigung der Vereinbarung (Hauptfall der Beendigung),

  • durch Aufhebungsvertrag zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat,

  • durch endgültigen und dauernden Wegfall des Betriebsrates (z. B. weniger als fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer),

  • durch Stilllegung des Betriebes (mit Ausnahme von Betriebsvereinbarungen, die über die Stilllegung hinaus wirken; z. B. Interessenausgleich und Sozialplan),

  • durch Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung über denselben Regelungstatbestand

    oder

  • durch Abschluss eines Tarifvertrages über denselben Regelungstatbestand.

Die Kündigung kann von jeder Seite – soweit nichts anderes vereinbart wurde – mit einer Frist von drei Monaten erfolgen (§ 77 Abs. 5 BetrVG). Liegen besonders schwerwiegende Gründe vor, ist eine außerordentliche Kündigung möglich.