Inhaltsverzeichnis
01. Was sind Verteilzeitstudien?
Die im vorherigen Abschnitt behandelten Zeitermittlungsverfahren beziehen sich auf die Erfassung der Sollzeiten planmäßiger Ablaufabschnitte.
Die Verteilzeit tv ist definiert als die Summe der Sollzeiten, die zusätzlich zum planmäßigen Ausführen eines Ablaufs erforderlich sind.
Dafür sind besondere Verteilzeitstudien notwendig, die die Zusammensetzung der Aufnahmezeit AZ aus den verschiedenen Zeitarten notiert. Ziel der Verteilzeitaufnahmen ist es, den relativen Anteil zV der Verteilzeit V zur Grundzeit G zu ermitteln; der Verteilzeitprozentsatz zV ist:
$$ZV\; in\; \% = \frac{∑\; Verteilzeiten}{∑\; Grundzeiten} \cdot 100$$
Es gelten folgende Definitionen:
V | = Verteilzeit |
Vp | = persönliche Verteilzeiten, z. B. zur Toilette gehen, Fenster öffnen/schließen wegen Lüftung, Beleuchtung einschalten/ausschalten. |
Vsk | = sachlich konstante Verteilzeiten: zusätzliche Zeiten, die regelmäßig und auftragsunabhängig anfallen, z. B. Vorbereitungsarbeiten zum Schichtbeginn, Reinigungsarbeiten zum Schichtende, Wartungsarbeiten. |
Vsv | = sachlich variable Verteilzeiten: zusätzliche Zeiten, die auftragsabhängig und gelegentlich anfallen, z. B. kleinere Störungen im Ablauf, Wechsel des Werkzeugs. |
$$V = V_{p} + V_{sk} + V_{sv}$$
Für die Zusammensetzung der Aufnahmezeit AZ bei Verteilzeitaufnahmen gilt:
$$AZ = G + V + Er + N + F$$
Dabei ist:
G | = Grundzeiten |
V | = Verteilzeiten |
Er | = Erholzeiten |
N | = nicht zu verwendende Zeiten, z. B. persönlich verursachte, zusätzliche Zeiten, z. B. Nacharbeit wegen Unaufmerksamkeit, Zuspätkommen, private Gespräche. |
F | = fallweise zu berücksichtigende Zeiten, die in den Verteilzeiten nicht erfasst werden, z. B. längerer Energieausfall, größere Instandhaltungsarbeiten, Bereitstellung fehlender Hilfs- und Fördervorrichtungen. |
Nach der Ermittlung der Verteilzeiten V und der Grundzeiten G kann der Verteilzeitprozentsatz zv berechnet werden (vgl. oben):
$$ZV\; in\; \% = \frac{∑\; Verteilzeiten}{∑\; Grundzeiten} \cdot 100$$
Ist zv bekannt (aus der Verteilzeitaufnahme), so lässt sich die Zeit je Einheit für einen Auftrag te berechnen (vgl. 4.7.1/11.); dabei wird die Verteilzeit als Zeitanteil der Grundzeit berücksichtigt:
$$t_{e} = t_{g} + t_{v}+ t_{er}$$
$$= t_{g} + \frac{zv}{100} \cdot tg + t_{er}$$
02. Was sind Multimomentstudien?
Multimoment-Studien (MM-Studien) sind Stichprobenverfahren zur Untersuchung (überwiegend) unregelmäßiger Arbeitsablaufe. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf das MM-Häufigkeits-Zählverfahren (MMH). Das MM-Zeitmessverfahren, bei dem die Zeitdauer der untersuchten Ablaufarten notiert wird, ist weniger verbreitet.
Das Verfahren ist relativ einfach und gut geeignet für die Ermittlung von Verteilzeiten (vgl. Frage 01.). Weiterhin wird es eingesetzt bei
der Ermittlung von Maschinenstillstandszeiten und betrieblichen Kennzahlen sowie bei
der Untersuchung von Material- und Organisationsabläufen und Angestelltentätigkeiten.
Verfahrensmerkmale:
Die Häufigkeiten festgelegter Ablaufarten werden durch stichprobenweises, kurzzeitiges Beobachten ermittelt, in Strichlisten eingetragen und durch Zählen ausgewertet.
Die Kurzbeobachtungen werden auf Rundgängen vorgenommen. Die Rundgänge werden nach dem Zufallsprinzip fest gelegt.
Bei jedem Rundgang muss eine größere Zahl von Beobachtungsobjekten nacheinander betrachtet werden können.
Nach der Wahrscheinlichkeitstheorie ist bei hinreichend großer Zahl an Beobachtungen (N) der prozentuale Anteil einer bestimmten Ablaufart (p) folgender Quotient:
$$p = \frac{n}{N} \cdot 100$$
p = prozentualer Anteil einer bestimmten Ablaufart
n = Häufigkeit der betreffenden Ablaufart
N = Häufigkeit aller Beobachtungen
Der Prozentsatz p auf der Basis von MM-Studien ist nicht identisch mit dem Verteilzeitzuschlag zV.
Merke
zV → bezieht sich (nur) auf die Summe aller Grundzeiten G.
Um eine statistische Sicherheit von 95 % zu erzielen, muss der Stichprobenumfang N hinreichend groß sein. Es lässt sich mathematisch zeigen, dass dies bei der Standard-MM-Aufnahme mit N = 1.600 Beobachtungen ausreichend ist. Multimomentstudien bieten folgende Vorteile, haben jedoch aufgrund ihrer statistischen Voraussetzungen auch Grenzen:
MM-Studien (Häufigkeitszählverfahren) | |
Vorteile | Grenzen |
Erstrecken sich über einen langen Zeitraum; daher können viele Arbeitssysteme erfasst werden. Das Ergebnis der Untersuchung repräsentiert daher gut den Fertigungs-Ist-Zustand. | Es wird nur der jeweilige Ist-Zustand erfasst; Ursachen oder Einflussgrößen werden nicht berücksichtigt. |
Die Untersuchungsdauer kann variiert werden; Unterbrechungen sind möglich. | Jede Notierung ist „zufällig“, einmalig und später kaum überprüfbar. |
Arbeitsabläufe und Mitarbeiter werden kaum gestört. | Angaben über Leistungsgrad und Erholungsbedarf des Menschen werden nicht erfasst. |
Die Genauigkeit der Ergebnisse kann durch den Stichprobenumfang N gesteuert werden. | |
Der Aufwand ist um 40 bis 70 % geringer als bei vergleichbaren Zeitstudien. |
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