Inhaltsverzeichnis
- 01. Welche Verfahren der Materialbeschaffung gibt es?
- 02. Welche Ziele, Aufgaben und Funktionen hat die Materialdisposition?
- 03. Wie unterscheiden sich Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf?
- 04. Welche Materialbedarfsarten werden unterschieden?
- 05. Von welchen Faktoren ist die Wiederbeschaffungszeit abhängig?
- 06. Welche Arten der Inventur sind zu beachten, welche Verfahren der Inventurvereinfachung sind zulässig und welche Grundsätze der ordnungsmäßiger Buchführung sind dabei einzuhalten?
- 07. Welche zentralen Unterschiede bestehen zwischen der deterministischen und der stochastischen Bedarfsermittlung?
- 08. Welche Dispositionsverfahren werden unterschieden?
- 09. Was ist der Ist-Eindeckungstermin?
- 10. Was versteht man unter dem Soll-Eindeckungstermin?
- 11. Wie ist der Soll-Liefertermin definiert?
- 12. Welche Auswirkungen können Fehler in der Bedarfsermittlung haben?
- 13. Welchen Einflussfaktoren unterliegt die Bestellmenge?
- 14. Was sind Bestellkosten?
- 15. Was sind Fehlmengenkosten und welche Folgen können daraus resultieren?
- 16. Mit welchen Verfahren lässt sich die Beschaffungsmenge optimieren?
- 17. Wie lautet die Formel zur Berechnung der optimalen Bestellmenge nach Andler?
- 18. Wie lässt sich die optimale Bestellhäufigkeit errechnen?
- 19. Wie ist die Vorgehensweise bei der Bestellmengenoptimierung unter Anwendung des gleitenden Beschaffungsmengenverfahrens?
- 20. Wie ist der Sicherheitsbestand definiert?
- 21. Welche Funktion hat der Sicherheitsbestand?
- 22. Welche Folgen können aus einem zu ungenau bestimmten Sicherheitsbestand entstehen?
- 23. Wie kann der Sicherheitsbestand bestimmt werden?
- 24. Wie ist der generelle Ablauf bei der Beschaffung (Beschaffungsprozess)?
- 25. Welche Lagerkosten sind in der Regel fix und welche sind variabel?
- 26. Wie unterscheiden sich der Lagerkosten- und der Lagerhaltungskostensatz?
- 27. Welche Kennzahlen der Lagerhaltung gibt es weiterhin?
- 28. Mit welchen Maßnahmen lassen sich die Lagerkosten senken?
- 29. Wie wird der Einstandspreis berechnet?
01. Welche Verfahren der Materialbeschaffung gibt es?
Vorratsbeschaffung | Größere Mengen werden auf Lager genommen und stehen dort auf Abruf zur Verfügung. Vorteile: Keine Unterbrechungen in der Produktion, günstiger Einkauf in größeren Mengen und zu einem günstigen Zeitpunkt. Nachteile: Hohe Zins- und Lagerkosten (Kapitalbindung), ggf. Qualitätsprobleme und Überalterung. |
Einzelbeschaffung | Die Beschaffung erfolgt im Bedarfsfall (geeignet für Einzelfertigung). Vorteile: Geringe Lagerdauer und -kosten. Nachteile: Ständiges Warten auf den Wareneingang, Problem der Verzögerung der Anlieferung. |
Just-in-Time (fertigungssynchron) | Die Anlieferung des Materials erfolgt zeitgleich, wenn es in der Produktion benötigt wird. Vorteile: Keine/geringe Lagerhaltung und Durchlaufzeiten, ständige Aktualität. Nachteile: Störanfällig, Abstimmung mit dem Lieferanten. |
02. Welche Ziele, Aufgaben und Funktionen hat die Materialdisposition?
Begriff:
Unter Materialdisposition sind alle Tätigkeiten zu verstehen, die benötigt werden um ein Unternehmen mit den Objekten der Materialwirtschaft nach Art und Menge termingerecht zu versorgen.
Aufgaben:
optimale Kombination der Materialwirtschaftszielsetzungen „hohe Lieferbereitschaft und niedrige Lagerhaltungskosten“
Art, Menge und Zeitpunkt des Bedarfs feststellen und unter Berücksichtigung der Lagerbestände in Bestellmengen und -termine umsetzen.
Ziele:
Gewährleistung einer hohen Lieferbereitschaft
Minimierung der Lagerhaltungskosten.
Funktionen:
Bedarfsermittlung: Ermittlung einer Menge an Material, die zu einem bestimmten Termin für eine bestimmte Periode benötigt wird
Bestandsrechnung: durch Vergleich des Bruttobedarfs mit dem verfügbaren Bestand wird ermittelt, welcher Bedarf (Nettobedarf) zugekauft werden muss
Bestellmengenrechnung: der Nettobedarf wird kostenoptimiert auf eine gewisse Anzahl von Bestellungen verteilt.
03. Wie unterscheiden sich Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf?
Der Primär-, Sekundär- und Tertiärbedarf sind zentrale Begriffe der plangesteuerten Bedarfsermittlung. Es gibt folgende Zusammenhänge:
Bedarfsarten (1) | |||
Primärbedarf | Sekundärbedarf | Tertiärbedarf | |
Begriff, Inhalt | Bedarf des Marktes an verkaufsfertigen Erzeugnissen | Bedarf an Rohstoffen, Baugruppen und Ersatzteilen, der zur Deckung des Primärbedarfs erforderlich ist. | Bedarf an Hilfs- und Betriebsstoffen sowie Verschleißwerkzeugen, der bei der Fertigung notwendig ist. |
Basis der Bedarfsermittlung | Kunden-, Lageraufträge | Aus dem Primärbedarf abgeleiteter Bedarf | Ergibt sich aufgrund von Vergangenheitswerten |
04. Welche Materialbedarfsarten werden unterschieden?
Bedarfsarten (2)
Sekundärbedarf | Bedarf an Rohstoffen, Baugruppen, Ersatzteilen – abgeleitet aus dem Primärbedarf | |
+ | Zusatzbedarf | Ungeplanter Bedarf aufgrund von Mehrbedarf für |
| ||
= | Bruttobedarf | Bedarf der sich aus Sekundär- und Zusatzbedarf ergibt. |
– | Lagerbestände | Bestände, die auf Lager tatsächlich vorhanden sind. |
– | Bestellbestände | Bestellungen, die in Kürze eintreffen werden. |
+ | Vormerkbestände | Bestände, die für andere Aufträge vorgemerkt sind. |
+ | Sicherheitsbestand | (= eiserner Bestand) Bestand, der ständig auf Lager gehalten wird. |
= | Nettobedarf | Bedarf, der von den beschaffenden Stellen zugekauft werden muss, um den Primärbedarf zu decken. |
05. Von welchen Faktoren ist die Wiederbeschaffungszeit abhängig?
Die Wiederbeschaffungszeit von Materialien ist von folgenden Faktoren abhängig:
Bedarfsrechnungszeit = Zeit, die benötigt wird, den Bedarf unter Zuhilfenahme der jeweiligen Bedarfsrechnungsverfahren zu bestimmen.
Bestellabwicklungszeit = Zeit, die der Einkauf benötigt, um eine rechtsverbindliche Bestellung an den Lieferanten zu übermitteln.
Übermittlungszeit zum Lieferanten = Zeit, die benötigt wird, um die Bestellung dem Lieferanten zu übermitteln.
Lieferzeit = Zeit, die der Lieferant benötigt, um die Ware vom Eintreffen der Bestellung zum Versand zu bringen.
Ein-, Ab- und Auslagerungszeit = Zeit, die benötigt wird, um die angelieferte Ware der weiteren Verarbeitung zuzuführen.
06. Welche Arten der Inventur sind zu beachten, welche Verfahren der Inventurvereinfachung sind zulässig und welche Grundsätze der ordnungsmäßiger Buchführung sind dabei einzuhalten?
Körperliche Inventur | Körperliche Vermögensgegenstände werden mengenmäßig erfasst und anschließend in Euro bewertet (z. B. technische Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung, Maschinen). |
Buchinventur | Buchinventur ist die Erfassung aller nicht-körperlichen Vermögensgegenstände, Forderungen, Bankguthaben, Arten von Schulden; sie werden wertmäßig aufgrund buchhalterischer Aufzeichnungen und Belege (Kontoauszüge, Saldenbestätigung durch Kunden oder Lieferanten usw.) ermittelt. |
Stichtagsinventur | (Zeitnahe Inventur R 5.3 (1) EStR). Mengenmäßige Bestandsaufnahme der Vorräte, die zeitnah zum Abschlussstichtag in einer Frist von zehn Tagen vor oder nach dem Abschlussstichtag erfolgen muss (meist der 31.12.) |
Verlegte (Stichtags-) Inventur | (Zeitverschobene Inventur R 5.3 (2) EStR). Körperliche Bestandsaufnahme erfolgt innerhalb einer Frist von drei Monaten vor und zwei Monaten nach dem Abschlussstichtag.
|
Permanente Inventur |
|
Stichprobeninventur | Mithilfe statistischer Methoden: Sicherheitsgrad 95 %; Schätzfehler nicht größer als 1 %. |
Die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) sind:
Verständlichkeit | Jeder sachverständige Dritte muss sich zurechtfinden. |
Kopien | Von abgesandten Handelsbriefen muss der Kaufmann Kopien anfertigen. |
Sprache | Handelsbücher und Aufzeichnungen müssen in lebender Sprache abgefasst sein (z. B. nicht in Latein). |
Vollständigkeit | Alle Kontierungen und Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet sein; d. h.: keine fiktiven Konten, kein Weglassen, keine falsche zeitliche Erfassung, Belegnummerierung. |
Änderungen | Korrekturen nur mit Stornobuchungen (kein Radieren oder Überschreiben). |
GoBS Dv-gestützte Systeme | Vorgeschrieben sind: Beschreibung der Software, jederzeitiger und sicherer Zugriff, Schutz vor unbefugtem Zugriff. |
Aufbewahrung |
Fristbeginn ist der Schluss des Kalenderjahres, in dem die Unterlagen entstanden sind. |
Belegprinzip | Keine Buchung ohne Beleg (Fremd-, Eigen-, Notbelege). |
Behandlung der Belege | (1) Vorbereitung: Ordnen, prüfen, vorkontieren; (2) Buchen; (3) Ablage; (4) Aufbewahrung. |
Neben den allgemeinen Regeln der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung HGB (GoB) gelten ab 2015 strengere Regeln für das Steuerrecht als Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie Datenzugriff (GoBD).
Wichtige Neuerungen der GoBD sind:
Unveränderbarkeit von Buchhaltungsaufzeichnungen
Sicherstellung, dass bei nachträglichen Veränderungen der Daten die Erkenntlichkeit der Veränderungen gewährleistet wird.
Bankkontoauszüge sind zu konkretisieren
Wenn bei der Buchung von Geschäftsvorfällen lediglich auf die Nummer des Kontoauszugs Bezug genommen wird, ohne diesen Vorgang näher zu konkretisieren (z. B. durch das Datum), verstößt dies gegen den Grundsatz der Nachvollziehbarkeit und Zuordnung von Belegen.
Keine Buchung ohne Beleg
Der bekannte Grundsatz „Keine Buchung ohne Beleg“ wird erstmals von der Finanzverwaltung bezüglich des Mindestinhalts sogar tabellenmäßig gefordert: Unbare Geschäftsvorfälle sind innerhalb von 10 Tagen zu erfassen. Die Journalfunktion wird sehr detailliert festgeschrieben.
Internes Kontrollsystem (IKS) des Unternehmers
Hier ist im Einzelnen vom Steuerpflichtigen anlassbezogen zu prüfen, ob das eingesetzte DV-System tatsächlich dem dokumentierten System entspricht.
Diese verschärfte Prüfungspflicht des Unternehmers gilt auch, wenn er die Aufzeichnungsaufgaben an einen Steuerberater oder an ein Rechenzentrum ausgelagert hat.
Datensicherheit
Nachweis durch den Unternehmer, welche Maßnahmen er zur Gewährleistung der Datensicherheit ergriffen und wie er sie im Einzelnen eingesetzt hat.
Aufbewahrung der elektronischen Daten
Aufbewahrung der nach den GoB erforderlichen Daten kann nur dann auch als Wiedergabe auf einem Bildträger oder auf anderen Datenträgern erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass die Wiedergabe oder die Daten jederzeit verfügbar sind sowie unverzüglich lesbar gemacht und ausgewertet werden können.
Auch Handels- und Geschäftsbriefe sind in Papierform aufzubewahren, wenn die elektronische Änderung in einem Textverarbeitungsprogramm nachträglich möglich ist.
Datenzugriff des Finanzamts
In welcher Form die Daten für die Ausübung des sog. Datenzugriffs bei Prüfungen des Finanzamts usw. zu speichern sind, wird ausführlich geregelt und steht ausdrücklich im freien Ermessen des Finanzamts.
Bei unmittelbarem Datenzugriff durch das Finanzamt muss der Unternehmer die Unveränderbarkeit des Datenbestands und des DV-Systems durch die Finanzbehörde gewährleisten, d. h. der Unternehmer ist dafür verantwortlich, dass das Finanzamt – versehentlich – keine Daten verändern kann.
Zertifikat und Testat eines DV-Systems
Künftig keine Bescheinigung durch die Finanzbehörde, ob das vom Unternehmer eingesetzte DV-System den Anforderungen der GoBD entspricht.
Von einer Verletzung der GoBD-Grundsätze erfährt der Unternehmer erst bei einer Betriebsprüfung. Der Unternehmer kann sich gegenüber dem Finanzamt nicht auf ein ihm erteiltes Zertifikat oder Testat von Dritten (z. B. vom Verkäufer der EDV-Anlage oder dessen Wirtschaftsprüfer) bezüglich der GoBD-Konformität seiner DV-Anlage berufen.
Der Unternehmer trägt gegenüber dem Finanzamt also die alleinige Verantwortung.
07. Welche zentralen Unterschiede bestehen zwischen der deterministischen und der stochastischen Bedarfsermittlung?
Verfahren der Materialbedarfsermittlung (2) | ||
Stochastische Bedarfsermittlung | Deterministische Bedarfsermittlung | |
Bezugsbasis | Verbrauchsorientiert | Auftragsorientiert auch: programmgesteuert |
Der Bedarf wird ohne Bezug zur Produktion aufgrund von Vergangenheitswerten ermittelt. Relevant sind:
| Der Bedarf wird aufgrund des Produktionsprogrammes exakt ermittelt. | |
Vor-, Nachteile |
|
|
Informationsbasis |
|
|
Anwendung |
| Bei allen Roh- und Hilfsstoffen lässt sich ein direkter Zusammenhang zum Primärbedarf herstellen; meist Dvgestützt. |
Dispositionsverfahren | Verbrauchsgesteuerte Disposition:
| Programmgesteuerte Disposition:
|
Methoden | Mittelwertbildung:
| Analytische Materialbedarfsauflösung → Stücklisten |
Regressionsanalyse:
| Synthetische Materialbedarfsauflösung → Verwendungsnachweise | |
Exponentielle Glättung:
|
08. Welche Dispositionsverfahren werden unterschieden?
Im Wesentlichen werden folgende Dispositionsverfahren (auch: Verfahren der Bestandsergänzung) unterschieden:
Verbrauchsgesteuerte Disposition:
Der Bestand eines Lagers wird zu einem bestimmten Termin oder bei Erreichen eines bestimmten Lagerbestandes ergänzt. Das Verfahren ist nicht sehr aufwändig.
Die Ergebnisse sind jedoch ungenau. Es ist mit erhöhten Sicherheitsbeständen zu planen. Voraussetzung für diese Dispositionsverfahren sind eine aktuelle und richtige Fortschreibung der Lagerbuchbestände.
- 1.1
Bestellpunktverfahren:
Hierbei wird bei jedem Lagerabgang geprüft, ob ein bestimmter Bestand (Meldebestand oder Bestellpunkt) erreicht oder unterschritten ist.
Merkmale:
feste Bestellmengen
variable Bestelltermine.
Ermittlung des Bestellpunktes:
$$Bestellpunkt\; (Meldebestand) = (ø\; Verbrauch\; pro\; Zeiteinheit * Beschaffungszeit) + Sicherheitsbestand$$
$$BP = (DV * BZ) + SB$$
- 1.2
Bestellrhythmusverfahren:
Hierbei wird der Bestand in festen zeitlichen Kontrollen überprüft. Er wird dann auf einen vorher fixierten Höchstbestand aufgefüllt.
Merkmale:
feste Bestelltermine
variable Bestellmengen.
Berechnung des Höchstbestandes:
$$Höchstbestand = ø\; Verbrauch\; pro\; Zeiteinheit \cdot (Beschaffungszeit + Überprüfungszeit) + Sicherheitsbestand$$
$$HBV = DV \cdot (BZ + ÜZ) + SB$$
Programmgesteuerte Disposition:
- 2.1
Auftragsgesteuerte Disposition:
Bestelltermine und Bestellmengen werden entsprechend der Auftragssituation festgelegt. Bestellmengen sind fast immer identisch mit den Bedarfsmengen. In der Regel gibt es keine Sicherheitsbestände, da es weder Überbestände noch Fehlmengen geben kann. Zu unterscheiden ist weiterhin in:
Einzelbedarfsdisposition
Sammelbedarfsdisposition.
- 2.2
Plangesteuerte Disposition:
Ausgehend von einem periodifizierten Produktionsplan und dem deterministisch ermittelten Sekundärbedarf wird der Nettobedarf unter Berücksichtigung des verfügbaren Lagerbestandes ermittelt.
09. Was ist der Ist-Eindeckungstermin?
Der Ist-Eindeckungstermin ist der Tag, bis zu dem der verfügbare Lagerbestand den zu erwartenden Bedarf deckt.
10. Was versteht man unter dem Soll-Eindeckungstermin?
Der Soll-Eindeckungstermin ist der Tag, bis zu dem der verfügbare Lagerbestand ausreichen muss, um in der nächsten Periode zeitlich normale Bestellungen abwickeln zu können.
$$Soll-Eindeckungstermin = Bestelltag + WBZ + Prüf-/Einlagerungszeit + Sicherheitszeit + Dauer\; der\; Periode\; (in\; Tg.)$$
11. Wie ist der Soll-Liefertermin definiert?
Der Soll-Liefertermin ist der letztmögliche Termin, der die Lieferbereitschaft sicherzustellen in der Lage ist. Er ergibt sich aus dem Ist-Eindeckungstermin abzüglich einer Sicherheits-, Einlager- und Überprüfungszeit.
Es gilt:
$$Soll-Eindeckung > Ist-Eindeckung → Bestellvorgang$$
12. Welche Auswirkungen können Fehler in der Bedarfsermittlung haben?
Fehler in der Materialbedarfsermittlung und mögliche Folgen | |
Vorhersagewert zu hoch: | Vorhersagewert zu niedrig: |
|
|
Gefährdung der Wirtschaftlichkeit | Gefährdung der Leistungsfähigkeit |
13. Welchen Einflussfaktoren unterliegt die Bestellmenge?
Bestellmenge, Einflussfaktoren:
Materialpreise
Rabatte
Lagerhaltungskosten
Losgrößeneinheiten
Beschaffungskosten
Fehlmengenkosten
Bestellkosten
Finanzvolumen.
14. Was sind Bestellkosten?
Bestellkosten sind Kosten, die innerhalb eines Unternehmens für die Materialbeschaffung anfallen.
Sie sind von der Anzahl der Bestellungen abhängig und nicht von der Beschaffungsmenge.
Bei größeren Bestellmengen x sinken die Bestellkosten je Stück, erhöhen aber die Lagerkosten und umgekehrt. Bestellkosten und Lagerkosten entwickeln sich also gegenläufig. Die optimale Bestellmenge xopt ist grafisch dort, wo die Gesamtkostenkurve aus Bestellkosten und Lagerkosten ihr Minimum hat:
$$Bestellkosten = Anzahl\; der\; Bestellungen/Periode \cdot fixe\; Kosten\; je\; Bestellung$$
$$Bestellkosten\; pro\; Bestellung = \frac{Summe\; der\; Bestellkosten/Periode}{Anzahl\; der\; Bestellungen/Periode}$$
15. Was sind Fehlmengenkosten und welche Folgen können daraus resultieren?
Fehlmengenkosten entstehen, wenn das beschaffte Material den Bedarf der Fertigung nicht deckt, wodurch der Leistungsprozess teilweise oder ganz unterbrochen wird. Die Folgen sind:
mögliche Preisdifferenzen
entgangene Gewinne
Konventionalstrafen
Goodwill-Verluste.
16. Mit welchen Verfahren lässt sich die Beschaffungsmenge optimieren?
17. Wie lautet die Formel zur Berechnung der optimalen Bestellmenge nach Andler?
$$x_{opt} = \sqrt{\frac{200 \cdot M \cdot K_{B}}{E \cdot L_{HS}}}$$
xopt | = optimale Beschaffungsmenge |
M | = Jahresbedarfsmenge |
E | = Einstandspreis pro ME |
KB | = Bestellkosten/Bestellung |
LHS | = Lagerhaltungskostensatz |
Beispiel
Der Jahresverbrauch beträgt 1.600 kg. Der Einkaufspreis ist 6 € je kg und der Bestellvorgang kostet jeweils 36 €. Man geht von einem Lagerhaltungskostensatz von 8 % aus. Daraus ergibt sich nach Andler eine optimale Bestellmenge x:
$$x = \sqrt{\frac{200 \cdot 1.600 \cdot 36}{6 \cdot 8}} = 489,89$$
Aufgerundet beträgt also die optimale Bestellmenge 490 kg.
18. Wie lässt sich die optimale Bestellhäufigkeit errechnen?
Die optimale Bestellhäufigkeit lässt sich als Abwandlung der Andler-Formel wie folgt errechnen:
$$N_{opt} = \sqrt{\frac{M \cdot E \cdot L_{HS}}{200 \cdot K_{B}}}$$
Nopt | = optimale Beschaffungshäufigkeit |
M | = Jahresbedarfsmenge |
E | = Einstandspreis pro ME |
KB | = Bestellkosten/Bestellung |
LHS | = Lagerhaltungskostensatz |
z. B.
$$N_{opt} = \sqrt{\frac{1.600 \cdot 6 \cdot 8}{200 \cdot 36}} = 3,26$$
Die Optimale Bestellhäufigkeit ist also (gerundet) 3.
Ferner gilt auch:
$$N_{opt} = \frac{M}{X_{opt}}$$
M | = Jahresbedarfsmenge |
Xopt | = Optimale Bestellmenge |
19. Wie ist die Vorgehensweise bei der Bestellmengenoptimierung unter Anwendung des gleitenden Beschaffungsmengenverfahrens?
Die Ermittlung der optimalen Bestellmenge erfolgt in einem schrittweisen Rechenprozess, indem die Summe der anfallenden Bestell- und Lagerhaltungskosten pro Mengeneinheit für jede einzelne Periode ermittelt wird. Die Kosten werden für jede Periode miteinander verglichen. In der Periode mit den geringsten Kosten wird die Rechnung abgeschlossen. Der bis dahin aufgelaufene Bedarf ist die optimale Beschaffungsmenge.
20. Wie ist der Sicherheitsbestand definiert?
Der Sicherheitsbestand, auch eiserner Bestand, Mindestbestand oder Reserve genannt, ist der Bestand an Materialien, der normalerweise nicht zur Fertigung herangezogen wird. Er stellt einen Puffer dar, der die Leistungsbereitschaft des Unternehmens bei Lieferschwierigkeiten oder sonstigen Ausfällen gewährleisten soll.
21. Welche Funktion hat der Sicherheitsbestand?
Er dient zur Absicherung von Abweichungen verursacht durch:
Verbrauchsschwankungen
Überschreitung der Beschaffungszeit
quantitative Minderlieferung
qualitative Mengeneinschränkung
Fehler innerhalb der Bestandsführung.
22. Welche Folgen können aus einem zu ungenau bestimmten Sicherheitsbestand entstehen?
Der Sicherheitsbestand ist im Verhältnis zum Verbrauch zu hoch:
→ es erfolgt eine unnötige Kapitalbindung.
Der Sicherheitsbestand ist im Verhältnis zum Verbrauch zu niedrig:
→ es entsteht ein hohes Fehlmengenrisiko.
23. Wie kann der Sicherheitsbestand bestimmt werden?
Bestimmung aufgrund subjektiver Erfahrungswerte
Bestimmung mittels grober Näherungsrechnungen:
durchschnittlicher Verbrauch je Periode • Beschaffungsdauer
$$Sicherheitsbestand = ø\; Verbrauch\; pro\; Periode \cdot Beschaffungsdauer$$
errechneter Verbrauch in der Zeit der Beschaffung + Zuschlag für Verbrauchs- und Beschaffungsschwankungen
$$Sicherheitsbestand = ø\; Verbrauch\; pro\; Periode + Sicherheitszuschlag$$
längste Wiederbeschaffungszeit:
herrschende Wiederbeschaffungszeit • durchschnittlicher Verbrauch je Periode
arithmetisches Mittel der Lieferzeitüberschreitung je Periode • durchschnittlicher Verbrauch je Periode
mathematisch nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz
Bestimmung durch eine pauschale Sicherheitszeit
Festlegung eines konstanten Sicherheitsbestandes
statistische Bestimmung des Sicherheitsbestandes.
24. Wie ist der generelle Ablauf bei der Beschaffung (Beschaffungsprozess)?
25. Welche Lagerkosten sind in der Regel fix und welche sind variabel?
Fixe Lagerkosten z. B. Miete/Pacht, Abschreibungen, Gebäudeversicherung
Variable Lagerkosten sind von der Menge der gelagerten Waren abhängig, z. B. Energiekosten, Förderkosten, Lagerzinsen, Schwund/Leckage, Hilfsmittel.
26. Wie unterscheiden sich der Lagerkosten- und der Lagerhaltungskostensatz?
$$Lagerkostensatz = \frac{Lagerkosten}{durchschnittlicher\; Lagerbestandswert} \cdot 100$$
$$Lagerhaltungskosten = Lagerkosten + Zinskosten$$
$$Lagerhaltungskosten = ø\; im\; Lager\; gebundenes\; Kapital \cdot Lagerhaltungskostensatz$$
$$Lagerhaltungskosten = ø\; Lagerbestand\; (Menge) \cdot Einstandspreis \cdot Lagerhaltungskostensatz$$
$$Lagerhaltungskostensatz = Zinssatz\; des\; im\; Lager\; gebundenen\; Vorratskapitals + Lagerkostensatz$$
Bei der Berechnung des Lagerzinssatzes ist der Kapitalmarktzins auf die Dauer der Kapitalbindung, d. h. auf die Lagerdauer zu beziehen:
$$Lagerzinssatz = \frac{Kapitalmarktzinssatz \cdot durchschnittliche\; Lagerdauer}{360}$$
$$Lagerzinsen = \frac{durchschnittlicher\; Lagerbestand \cdot Lagerzinssatz}{100}$$
Näherungsweise können die Lagerhaltungskosten auch ermittelt werden:
$$Lagerhaltungskosten = durchschnittlicher\; Lagerbestand \cdot Lagerhaltungskosten\; je\; Stück$$
Das durchschnittlich im Lager gebundene Kapital kann näherungsweise berechnet werden:
$$Durchschnittlich\; im\; Lager\; gebundenes\; Kapital = \frac{Lagerbestand}{2} \cdot Einstandspreis\; pro\; Stück$$
27. Welche Kennzahlen der Lagerhaltung gibt es weiterhin?
Kennzahlen der Lagerhaltung sind z. B.:
$$Flächennutzungsgrad = \frac{genutzte\; Lagerfläche}{vorhandene\; Lagerfläche}$$
$$Raumnutzungsgrad = \frac{genutzter\; Lagerraum}{vorhandener\; Lagerraum}$$
$$Höhennutzungsgrad = \frac{genutzte\; Lagerhöhe}{vorhandene\; Lagerhöhe}$$
$$Nutzungsgrad\; der\; Lagertransportmöglichkeit = \frac{transportierte\; Menge}{Transportkapazität}$$
$$Einsatzgrad = \frac{Einsatzzeit}{Arbeitszeit}$$
$$Ausfallgrad = \frac{Stillstandszeit}{Einsatzzeit}$$
$$Durchschnittlicher\; Lagerbestand = \frac{Anfangsbestand + Endbestand}{2}$$
$$Durchschnittlicher\; Lagerbestand = \frac{Jahresanfangsbestand + 12 Monatsendbestände}{13}$$
$$Durchschnittlicher\; Lagerbestand = \frac{optimale\; Bestellmenge}{2} + Sicherheitsbestand$$
$$Durchschnittsbestand/Tag = \frac{Summe\; der\; Tagesbestände}{Anzahl\; der\; Tage}$$
$$Umschlagshäufigkeit\; auf\; Mengenbasis = \frac{Jahresverbrauch}{durchschnittlicher\; Lagerbestand\; (in\; Stk.)}$$
$$Umschlagshäufigkeit\; auf\; Wertbasis = \frac{Jahresverbrauch}{durchschnittlicher\; Lagerbestand\; (zu\; EP\; in\; €)}$$
$$Durchschnittliche\; Lagerdauer = \frac{360\; (Tage)}{Umschlagshäufigkeit}$$
$$Sicherheitskoeffizient = \frac{Sicherheitsbestand}{durchschnittlicher\; Bestand}$$
$$Lagerreichweite = \frac{durchschnittlicher\; Lagerbestand}{durchschnittlicher\; Bedarf}$$
$$Lagerbestand\; in\; \%\; des\; Umsatzes = \frac{Lagerbestand}{Umsatz} \cdot 100$$
$$Materialumschlag = \frac{Materialverbrauch}{durchschnittlicher\; Materialbestand} \cdot 100$$
28. Mit welchen Maßnahmen lassen sich die Lagerkosten senken?
Beispiele:
Umschlaghäufigkeit erhöhen
Sortiment bereinigen
Bestand reduzieren
Beschaffungsverfahren ändern
Bildung von Einheiten.
29. Wie wird der Einstandspreis berechnet?
Beispiel: | ||
Listeneinkaufspreis, netto | 500,00 € | |
+ | 19 % USt | 95,00 € |
= | Listeneinkaufspreis, brutto | 595,00 € |
– | Rabatt, 5 % | 29,75 € |
= | Zieleinkaufspreis, brutto | 565,25 € |
– | Skonto, 3 % | 16,96 € |
= | Bareinkaufspreis, brutto | 548,29 € |
+ | Bezugskosten (Versicherung, Fracht, Verpackung) | 300,00 € |
= | Einstandspreis inkl. USt | 848,29 € |