Kursangebot | Fertigungstechnik | Trennen durch Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden

Fertigungstechnik

Trennen durch Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden

01. Was ist Spanen?

Spanen umfasst alle Verfahren, mit denen verschiedene Formelemente an Werkstücken durch mechanisches Abtrennen von Stoffteilchen hergestellt werden können. Nach der geometrischen Art der Schneide unterteilt man in

  • Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden

  • Spanen mit geometrisch bestimmten Schneiden.

Beide Verfahren haben im Prinzip identische Verfahrensschritte:

Reiben → Stauchen → Scheren → Trennen

 

02. Was ist Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden?

Nach DIN 8589 Teil 0 ist Spanen mit geometrisch unbestimmten Schneiden ein Verfahren, bei dem ein Werkzeug verwendet wird, dessen Schneidenzahl, Geometrie der Schneidkeile und Lage der Schneiden zum Werkstück unbekannt ist.

 

03. Welche Verfahren gibt es?

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1 Behandelt wird im Folgenden das Schleifen (vgl. Rahmenplan).

04. Was ist Schleifen?

Schleifen ist ein spanendes Fertigungsverfahren mit vielschneidigen, unregelmäßig geformten Werkzeugen (gebundene Schleifkörner), die mit hoher Geschwindigkeit den Werkstoff abtrennen (DIN 8589 Teil 0).

 

05. Warum werden Werkstoffe geschliffen?

  • Herstellen einer hohen Maß- und Formgenauigkeit

  • Fertigen einer hohen Oberflächengüte mit kleiner Rauheit und Welligkeit.

 

06. Warum ist eine Schleifscheibe ein Werkzeug mit geometrisch unbestimmten Schneiden?

Eine Schleifscheibe ist ein Werkzeug mit geometrisch unbestimmten Schneiden, weil Form und Lage der Schleifkörner unbekannt ist und jedes Schleifkorn unterschiedliche Winkel zum Werkstoff hat.

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07. Welche Hauptbestandteile hat ein Schleifwerkzeug?

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Die Bestandteile haben folgende Aufgabe:

  • Schleifkörner → Schleifen

  • Bindemittel → Zusammenhalt der Schleifkörner

  • Poren → Abtransport der Späne

 

08. Welche Anforderungen müssen Schleifmittel erfüllen?

Schleifmittel müssen verfügen über ausreichende

  • Härte und Schneidfähigkeit (→ Spanbildung)

  • Zähigkeit (→ Belastung)

  • Sprödigkeit (→ Absplittern/Bildung neuer Schneidkanten)

  • thermische Widerstandsfähigkeit (→ Widerstand gegen Erhitzen).

Die Härte der Schleifmittel ist nicht zu verwechseln mit der Härte des Schleifwerkzeugs. Es gilt:

Das eingesetzte Schleifmittel muss härter sein als der zu bearbeitende Werkstoff.

 

09. Welche Schleifmittelarten werden verwendet?

Schleifmittelarten
Natürliche SchleifmittelKünstliche Schleifmittel
 Bezeichnung nach DIN ISO 6104
ÖlsandsteinElektrokorundA
SchmirgelZirkonkorundZ
NaturdiamantSilitiumkarbidC
DiamantD
BornitridB

 

10. Welche Körnung gibt es?

Die Körnung (Korngröße) beeinflusst die Zerspanleistung. Man unterscheidet:

Körnung
MakrokörnungMikrokörnung
grobmittelfeinsehr fein
4 … 2430 … 6070 … 220230 … 1200
Anwendung:
Schruppen
Anwendung:
Schlichten
Anwendung:
Feinschleifen

Bei Diamant wird der Buchstabe D bzw. bei Bornitrid der Buchstabe B vor die Kennzahl der Körnung gesetzt (z. B. D 230, B 70).

 

11. Was bezeichnet man als Härtegrad?

Der Härtegrad ist das Maß für die Kraft, mit der die Schleifkörner durch das Bindemittel gehalten werden. Bei harten Werkstoffen werden die Schleifkörner schneller stumpf. Sie müssen daher schneller aus der Bindung herausbrechen können, damit neue (scharfe) Schleifkörner zur Verfügung stehen. Es gilt daher:

Harte Werkstoffe → Weiche Schleifscheibe

Weiche Werkstoffe → Harte Schleifscheibe

Man unterteilt Schleifscheiben in folgende Härtegrade (Normierung durch Buchstaben):

Härtegrade
äußerst weichsehr weichweichmittelhartsehr hartäußerst hart
A … DE … GH … KL … OP … ST … WX … Z

 

12. Was bezeichnet man als Gefüge?

Das Gefüge ist die Struktur (räumliche Verteilung) von Schleifkörnern, Bindemittel und Poren

(vgl. Frage 06.). Je mehr Späne anfallen, umso poröser muss das Gefüge sein. Die Unterteilung erfolgt nach Ziffern:

Gefüge:

Dichtes Gefüge ↔ Offenes Gefüge

Kleine Poren ↔ Große Poren

Kennziffern für Gefüge
sehr dichtdichtmitteloffensehr offen
1 … 23 … 45 … 89 … 1112 … 14

 

13. Welche Bindungsarten werden verwendet?

Die Schleifkörner werden durch ein Bindemittel zusammengehalten. Das Bindemittel muss je nach zu bearbeitendem Werkstoff so beschaffen sein, dass die Schleifkörner gehalten werden aber auch rechtzeitig beim Abstumpfen ausbrechen können, um neue (scharfe) Schleifkörner freizugeben. Man unterscheidet u. a. folgende Bindungsarten und ihre Anwendung:

Bindungen
BindungsartKurzzeichenEigenschaften, Anwendung
Anorganische BindungenKeramikVunelastisch, spröde; unempfindlich gegenüber Wasser, Öl, Wärme; empfindlich gegenüber Schlag/Stoß;
→ Nass-, Trocken-, Schrupp-/Feinschleifen
MetallMunempfindlich gegenüber Druck und Wärme;
→ Werkzeug-, Präzisionsschleifen; Werkzeugbau, Glasindustrie
Organische BindungenKunstharzBunempfindlich gegenüber Schlag, Stoß und Wärme;
→ Schruppschleifen, Entgraten, Putzen von Metallwerkstoffen
Kunstharz + FaserverstärkungBFvgl. unter B
→ Trennschleifen
GummiRelastisch, zäh; unempfindlich gegenüber Schlag und Stoß; wärmeempfindlich; geeignet für hohe Umfangsgeschwindigkeiten (vgl. Basisqualifikationen vn = d • π • n)
→ Nassschleifen; verlustarmes Trennschleifen
Gummi + FaserverstärkungRF

 

14. Welche Bedeutung hat die Arbeitshöchstgeschwindigkeit vc max für Schleifscheiben?

Aus wirtschaftlichen Gründen ist eine hohe Arbeitsgeschwindigkeit beim Schleifen gewünscht. Aus physikalischer Sicht sind dem Grenzen gesetzt: Schleifscheiben haben eine relativ geringe Zugfestigkeit. Damit sie nicht durch die entstehenden Fliehkräfte zerstört werden (Unfallgefahr) ist die Arbeitshöchstgeschwindigkeit vc max normiert – in Abhängigkeit von

  • der Maschinenart (MA)

  • der Anwendungsart (AWA)

  • den Maßverhältnissen (MV)

  • der Bindungsart der Schleifscheibe.

Die Schleifscheiben tragen entsprechende farbliche Kennzeichnungen nach DIN EN 12413:

Arbeitshöchstgeschwindigkeiten von Schleifscheiben
Vc max in m/s506380100125140160
Farbstreifenblaugelbrotgrünblau + gelbblau + rotblau + grün

→ Einzelheiten vgl. Tabellenwerke unter vc max

 

15. Welche Schleifkörperformen gibt es?

Die Einteilung der Schleifkörperformen wird nach folgenden Merkmalen vorgenommen:

  1. Art der Einspannung:

    • Bohrung → Schleifscheibe

    • Schaft → Schleifstift

  2. Form:

    • Profilformen von Schleifscheiben sind normiert nach DIN ISO 525 mit den Kennbuchstaben B…P (vgl. Tabellenwerke).

    • Die Form der Schleifkörper ist weiterhin normiert nach DIN EN 12413 mit den Bezeichnungen Form 1…Form 52 (vgl. Tabellenwerke).

 

16. Welche Arbeiten sind vor Inbetriebnahme einer neuen Schleifscheibe auszuführen?

  1. Überprüfen auf Beschädigungen, z. B. Risse

  2. Schleifscheibe spannungsfrei montieren

  3. Mindestdurchmesser der Flansche beachten

  4. Zwischenlagen verwenden (je nach Werkstoff)

  5. Überprüfen auf Unwucht

  6. Probelauf (≥ 5 min bei Höchstdrehzahl).

 

17. Welche Maßnahmen zur Unfallverhütung sind beim Schleifvorgang insbesondere zu beachten?

  1. Beim Schleifen ohne Maschinenabdeckung: Schutzbrille tragen!

  2. Werkstückauflage nur bei stehender Maschine justieren!

  3. Passendes Schleifmittel/passenden Schleifkörper verwenden!

  4. Arbeitshöchstgeschwindigkeit einhalten!

  5. Beim Trockenschleifen: Staub absaugen!

  6. Schmieren des Schleifkörpers (mangelnde Zerspanung) vermeiden!

 

18. Wie werden die Schleifverfahren unterteilt?

Quelle: in Anlehnung an: Awiszus u. a., a. a. O., S. 165

Schleifverfahren
PlanschleifenPlan-Umfangs-LängsschleifenPlan-Umfangs-Einstech­schleifenPlan-Seiten-Längsschleifen
RundschleifenAußenschleifenAußen-Rund-Umfangs-LängsschleifenAußen-Rund-Umfangs-Einstech­schleifenAußen-Rund-Seiten-Längsschleifen
InnenschleifenInnen-Rund-LängsschleifenInnen-Rund-Einstechschleifen
SchraubschleifenLängs-Außen-Schraub­schleifenQuer-Außen-Schraubschleifen
WälzschleifenKontinuierliches Außen-WälzschleifenDiskontinuierliches Außen-Wälzschleifen
ProfilschleifenLängs-Außen-ProfilschleifenQuer-Außen-ProfilschleifenQuer-Innen-Profilschleifen

 

19. Wie sind die Rautiefen Rt, Rz und Ra definiert?

  • Rautiefe Rt

    Nach DIN EN ISO 4287 ist Rt der Abstand der höchsten Profilerhöhung bis zum tiefsten Profiltal innerhalb einer Messstrecke Lm.

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  • Gemittelte Rautiefe Rz

    Nach DIN EN ISO 4287 ist Rz der Mittelwert innerhalb von fünf aufeinander folgenden Einzelmessstrecken le.

     

    $$R_{z} = (Z_{1} + Z_{2} + … + Z_{5})\; :\; 5$$

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  • Arithmetischer Mittelrauwert Ra

    Nach DIN EN ISO 4287 ist Ra der arithmetische Mittelwert aller Abweichungen → des Rauhheitsprofils von der mittleren Linie.

     

    $$R_{a} = (Y_{1} + Y_{2} + … + Y_{n})\; :\; n$$