Inhaltsverzeichnis
- 01. Welche Phasen der Teamentwicklung werden unterschieden?
- 02. Wie kann der Vorgesetzte den Gruppenbildungsprozess fördern?
- 03. Nach welchen (soziologischen) Regeln bilden sich Gruppen?
- 04. Welche (soziologischen) Erkenntnisse gibt es über Gruppenbeziehungen?
- 05. Welche besonderen Rollen werden zum Teil von einzelnen Gruppenmitgliedern wahrgenommen? Welcher Führungsstil ist jeweils angebracht?
- 06. Welche „Signale“ können Hinweise auf Störungen im Gruppenprozess sein?
- 07. Welche Arten von Störungen im Gruppenprozess können auftreten?
- 08. Wie lassen sich Störungen in der Gruppenarbeit bearbeiten/lösen?
- 09. Warum muss der Vorgesetzte über das Ergebnis von Gruppenprozessen reflektieren?
01. Welche Phasen der Teamentwicklung werden unterschieden?
Wenn eine Arbeits- oder Projektgruppe gebildet wird, so benötigen Menschen immer eine hinreichende Entwicklungszeit, um zu einer effizienten Zusammenarbeit zu gelangen. Der amerikanische Psychologe Tuckmann teilt den Prozess der Gruppenbildung in vier Phasen ein:
Der Gruppenentwicklungsprozess – Phasen der Teamentwicklung nach Tuckmann | |||
Forming | Storming | Norming | Performing |
Kontaktaufnahme, Kennenlernen, Höflichkeit, Unsicherheiten | Machtkämpfe, Egoismus, Frustrationen, Konflikte, Statusdemonstrationen | Lernprozesse, Spielregeln, Vertrauen und Offenheit, sachliche Auseinandersetzung | Reifephase: Entwicklung zu einem leistungsfähigen Team |
Formende Phase | Stürmische Phase | Regelungsphase | Phase der Zusammenarbeit |
Der Vorgesetzte und Moderator muss diese Entwicklungsphasen kennen; die Prozesse sind bei jeder Gruppenbildung mehr oder weniger ausgeprägt und gehören zur „Normalität“. Der Zeitaufwand, „bis die Gruppe sich gefunden hat“ ist notwendig und muss eingeplant werden.
Es kann in der Praxis auch vorkommen, dass Gruppen die Phasen 1 bis 2 nicht überwinden und sehr ineffizient arbeiten; ggf. muss dann die Gruppe neu gebildet werden, wenn die Voraussetzungen einer Teamarbeit nicht gegeben sind (>> 7.8.1).
02. Wie kann der Vorgesetzte den Gruppenbildungsprozess fördern?
Der Vorgesetzte/der Moderator kann z. B. in der
Phase 1 | → den Kontakt, das Kennenlernen fördern (Übungen, Vorstellungsrunde), |
Phase 2 | → die Ursachen und Hintergründe von Machtkämpfen bewusst machen und die Konsensbildung fördern (>> Konfliktmanagement/7.6.2), |
Phase 3 | → motivieren, Fortschritte in der Kooperation verdeutlichen, bei der Erarbeitung von Spielregeln der Zusammenarbeit helfen, |
Phase 4 | → der Gruppe mehr Freiräume zugestehen; Selbststeuerung zulassen; die Gruppe fordern; Sachziele realisieren und Erfolge erleben lassen. |
03. Nach welchen (soziologischen) Regeln bilden sich Gruppen?
Interaktionsregel:
Im Allgemeinen gilt: Je häufiger Interaktionen zwischen den Gruppenmitgliedern stattfindet, umso mehr werden Kontakt, „Wir-Gefühl“ und oft sogar Zuneigung/Freundschaft gefördert. Die räumliche Nähe beginnt an Bedeutung zu gewinnen.
Angleichungsregel:
Mit längerem Bestehen einer Gruppe gleichen sich Ansichten und Verhaltensweisen der Einzelnen an. Die Gruppen-Normen stehen im Vordergrund.
Distanzierungsregel:
Sie besagt, dass eine Gruppe sich nach außen hin abgrenzt – bis hin zur Feindseligkeit gegenüber anderen Gruppen (vgl. dazu die Verhaltensweisen von sog. Fußballfan-Gruppen). Zwischen dem „Wir-Gefühl“ (Solidarität) und der Distanzierung besteht oft eine Wechselwirkung. „Wir-Gefühl“ entsteht über die Abgrenzung zu anderen (z. B. „Wir nach dem Kriege, wir wussten noch …, aber heute – die junge Generation …“).
04. Welche (soziologischen) Erkenntnisse gibt es über Gruppenbeziehungen?
Beziehungen zu anderen Gruppen
können sich positiv oder negativ gestalten. Die Unterschiede hinsichtlich der Normen und Verhaltensmuster können gravierend oder gering sein – bis hin zu Gemeinsamkeiten. Von Bedeutung ist auch die Stellung einer Gruppe innerhalb des Gesamtbetriebes (z. B. Gruppe der Leitenden). Im Allgemeinen beurteilen Menschen das Verhalten der eigenen Gruppenmitglieder positiver als das fremder Gruppenmitglieder (vgl. auch oben, „Distanzierung“). Auch die Leistung der Fremdgruppe wird im Allgemeinen geringer bewertet (z. B. Mitarbeiter der Personalabteilung Angestellte versus Personalabteilung Arbeiter). Bedrohung der eigenen Sicherheit kann zu feindseligem Verhalten gegenüber der anderen Gruppe oder einzelnen Mitgliedern dieser Gruppe führen.
Beziehungen innerhalb der Gruppe:
Innerhalb einer Gruppe, die über längere Zeit existiert, entwickelt sich neben der formellen Rangordnung (z. B. Vorgesetzter – Mitarbeiter) eine informelle Rangordnung (z. B. informeller Führer). Die informelle Rangordnung ist geeignet, die formelle Rangordnung zu stören.
Störungen innerhalb der Gruppe:
Massive Störungen in der Gruppe (z. B. erkennbar an: häufige Beschwerden über andere Gruppenmitglieder, verbale Aggressionen, Cliquenbildung, Absonderung, Streit, Fehlzeiten) sollten vom Vorgesetzten bewusst wahrgenommen werden. Er muss die Störungsursache „diagnostizieren“ und entgegenwirken. Zunehmende Störungen und nachlassender Zusammenhalt können zum Zerfall einer Gruppe führen.
05. Welche besonderen Rollen werden zum Teil von einzelnen Gruppenmitgliedern wahrgenommen? Welcher Führungsstil ist jeweils angebracht?
Dazu ausgewählte Beispiele:
Der „Star“ ist meist der informelle Führer der Gruppe und hat einen hohen Anteil an der Gruppenleistung.
→ fördernder Führungsstil, Anerkennung, tragende Rolle des Gruppen-„Stars“ nutzen und einbinden in die eigene Führungsarbeit, Vorbildfunktion des Vorgesetzten ist wichtig.
Der „Freche“: Es handelt sich hier meist um extrovertierte Menschen mit Verhaltenstendenzen wie Provozieren, Aufwiegeln, „Quertreiben“, unangemessenen Herrschaftsansprüchen (Besserwisser, Angeber, Wichtigtuer usw.).
→ Sorgfältig beobachten, Grenzen setzen, mitunter auch Strenge und vor allem Konsequenz zeigen; Humor und Geduld nicht verlieren.
Der „Intrigant“:
→ Negatives Verhalten offen im Dialog ansprechen, bremsen und unterbinden, auch Sanktionen „androhen“.
Der „Problembeladene“:
→ Ermutigen, unterstützen, Hilfe zur Selbsthilfe leisten, (auch kleine) Erfolge ermöglichen, Verständnis zeigen („Mitfühlen aber nicht mitleiden“).
Der „Drückeberger“:
→ Fordern, Anspornen und Erfolg „erleben“ lassen, zu viel Milde wird meist ausgenutzt.
Der „Neuling“:
→ Maßnahmen zur Integration, schrittweise einarbeiten, Orientierung geben durch klares Führungsverhalten, in der Anfangsphase mehr Aufmerksamkeit widmen und betreuen.
Der „Außenseiter“:
→ Versuchen, den Außenseiter mit Augenmaß und viel Geduld zu integrieren, es gibt keine Patentrezepte, mitunter ist das vorsichtige Aufspüren der Ursachen hilfreich.
Nachfolgend ein Überblick über Empfehlungen zum Führungsverhalten bei Gruppenmitgliedern, die eine spezielle Rolle wahrnehmen (Quelle: in Anlehnung an Rahn, H.-J., Führung von Gruppen, S. 70 f.); die Hinweise können nur eine grobe Orientierung sein:
Spezielle Rolle des Gruppenmitglieds: | Führungsempfehlung: |
| → bremsen, Grenzen aufzeigen |
| → fördern; Vorsicht: Gleichbehandlung der anderen beachten |
| → fordern, anspornen, Erfolge erleben lassen |
| → integrieren, Kontakte vermitteln |
| → ermutigen, unterstützen, Hilfe zur Selbsthilfe |
| → anerkennen, wertschätzen |
06. Welche „Signale“ können Hinweise auf Störungen im Gruppenprozess sein?
>> 7.6.2/7.8.2/06.
Störungen im Gruppenprozess sind u. a. erkennbar an folgenden „Signalen“:
unverhältnismäßig hoher Zeitaufwand bei der Bearbeitung gestellter Aufgaben
geringe Produktivität der Leistung
nicht ausreichende Qualität der Leistung
Beschwerden der Gruppenmitglieder und Unzufriedenheit
verbale Aggression, Streit
Cliquenbildung
Absonderung
fehlende Mitarbeit
Absentismus.
07. Welche Arten von Störungen im Gruppenprozess können auftreten?
Störungen im Gruppenprozess lassen sich folgenden Ebenen zuordnen (Variablen = Störungsursachen):
Störungen im Gruppenprozess · Ebenen und Variablen | ||
Ebene | Variablen, z. B. | |
1 | Persönlichkeit des Einzelnen | Persönlichkeit einzelner Gruppenmitglieder; Persönlichkeit des Moderators: Interrollenkonflikte |
2 | Beziehung zwischen zwei Gruppenmitgliedern | Sympathie; Antipathie; Rivalität; Konkurrenz; Sachkonflikte; Beziehungskonflikte; Kommunikation; Vorurteile |
3 | Beziehung zwischen dem Einzelnen und der Gruppe | Rollen; Intrarollenkonflikte; Erwartungen; Normen; Kommunikation; Einzelziele versus Gruppenziele |
4 | Beziehung zwischen der Gruppe und dem Moderator | Personale und fachliche Autorität; gegenseitige Erwartungen; Kommunikation; Befugnisse; informeller Führer |
5 | Beziehung von Gruppen untereinander | Konflikte zu anderen Gruppen; Konflikte innerhalb der Gruppe; Cliquenbildung; Gruppengröße |
6 | Beziehung der Gruppe zur Organisation (Unternehmen) | Werte; Normen; Erwartungen; Ziele; Stellung der Gruppe in der Organisation; Restriktionen, Auflagen; Führungskultur |
08. Wie lassen sich Störungen in der Gruppenarbeit bearbeiten/lösen?
Der Vorgesetzte/Moderator hat verschiedene Instrumente und Verhaltensweisen, um Störungen im Gruppenprozess zu bearbeiten; es folgen ausgewählte Beispiele:
Ebene 1: z. B.: | Einzelgespräch; Einsicht in fehlerhaftes Verhalten erzeugen; vgl. auch Frage 05. (Rollen von Gruppenmitgliedern) |
Ebene 2: z. B.: | vgl. Strategien der Konfliktbearbeitung; Ziffer 7.6.2 |
Ebene 3: z. B.: | Einzelgespräch; Klären und Vermitteln; vgl. Strategien der Konfliktbearbeitung; Ziffer 7.6.2 |
Ebene 4: z. B.: | Reflexion über das eigene Verhalten; Sichern der fachlichen Autorität; Beherrschen der Techniken; Aussprache mit der Gruppe: Konflikt thematisieren (Methode „Blitzlicht“) |
Ebene 5: z. B.: | Gemeinsame Sitzung der rivalisierenden Teams: Konflikt thematisieren, Erwartungen klären, Regeln der Zusammenarbeit vereinbaren |
Ebene 6: z. B.: | Erwartungen der Gruppe an das Management formulieren und vortragen; unterschiedliche Werthaltungen thematisieren und Konsens anstreben; Stellung der Gruppe in der Organisation klären; Unterstützung im Management suchen. |
09. Warum muss der Vorgesetzte über das Ergebnis von Gruppenprozessen reflektieren?
Über den Ablauf der Arbeit in Gruppen zu reflektieren, heißt sich Gruppenprozesse bewusst zu machen. Stärken bzw. Schwachstellen im Gruppenprozess zu erkennen und zu analysieren bietet die Möglichkeit, bewusst positive Entwicklungen zu stärken und bei negativen gegen zu steuern. Dazu wird der Vorgesetzte/der Moderator sein Instrumentarium einsetzen, z. B.:
seine Persönlichkeit und Erfahrung
das Beherrschen der Moderations- und Kommunikationstechniken
Kenntnisse über Gruppenprozesse und die „Gütekriterien“ erfolgreicher Gruppenarbeit
Strategien zur Konfliktbearbeitung.
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