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Bilanz nach Steuerrecht - Realisationsprinzip

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Bilanz nach Steuerrecht

Realisationsprinzip

Das Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne (genauer gesagt, bereits Erträge) erst dann angesetzt werden dürfen, wenn sie realisiert sind. Sie gelten als realisiert bei Gefahrenübergang.

Expertentipp

Sehr wichtige Prinzipien für die Bewertung sind das Realisationsprinzip und das Imparitätsprinzip, die sich gewissermaßen widersprechen.

Das Realisationsprinzip besagt, dass Gewinne erst dann angesetzt werden dürfen, wenn sie realisiert sind (d.h. bei Gefahrenübergang).

Das Imparitätsprinzip (es bedeutet Imparität = Ungleichbehandlung) besagt hingegen, dass Gewinne und Verluste ungleich behandelt werden müssen. Gewinne dürfen nicht antizipiert (vorweggenommen) werden, Verluste müssen antizipiert werden. Das Imparitätsprinzip findet seinen Ausfluss insbesondere im strengen und gemilderten Niederstwertprinzip.

Beispiel

Beispiel:
Die X-GmbH produziert Tennisbälle. Ein Kaufvertrag zwischen der X-GmbH und der Boris-AG aus Leimen vereinbart die Abholung der produzierten Tennisbälle durch die Boris-AG mit einem firmeneigenen LKW, der extra aus Leimen anreist. Wann darf die X-GmbH den Gewinn aus dem Verkauf der Tennisbälle ansetzen?

Frage: Darf die X-GmbH bereits bei Vertragsabschluss den Ertrag ansetzen?

Nicht, sofern noch eine Möglichkeit der Stornierung existiert. Es könnte nämlich sein, dass nach abgeschlossenem Kaufvertrag die Bestellung noch rückgängig gemacht wird. Insofern wäre es verfrüht, den Erfolg als Ertrag bereits nach Vertragsunterzeichnung anzusetzen. Vielmehr darf, wenn im Vertrag davon die Rede ist, dass die Boris-AG die Tennisbälle abholen muss, erst dann der Erfolg angesetzt werden, wenn der Gefahrenübergang stattgefunden hat.

Dies verdeutlicht die Fortsetzung des Beispiels: Die produzierten Tennisbälle werden durch einen Blitzeinschlag in die Produktionshalle der X-GmbH am Abend vor der Abholung durch die Boris-AG vollständig zerstört. Die X-GmbH muss weiterhin die Tennisbälle liefern und hat diese also neu zu produzieren, darf diese aber selbstverständlich nur einmal der Boris-AG in Rechnung stellen, hat also den Verlust der alten Tennisbälle zu verkraften. Der Gefahrenübergang hat damit noch nicht stattgefunden, da die Gefahr vielmehr noch bei der X-GmbH lag. Als Konsequenz aus dem Realisationsprinzip darf der Ertrag also noch nicht angesetzt werden.

Beispiel

Beispiel:
Die Boris-AG holt vereinbarungsgemäß die Tennisbälle bei der X-GmbH ab und verlässt das Firmengelände der X-GmbH. Auf dem Weg nach Leimen kommt der LKW in ein schweres Gewitter, bei dem ein herabfallender Baum den hinteren Teil des LKWs und leider auch die Tennisbälle vollständig zerstört. Der Fahrer kann sich glücklicherweise unverletzt retten.

In diesem Fall ist der Gefahrenübergang vollzogen worden, denn die Gefahr des zufälligen Untergangs liegt bei der Boris-AG. Diese muss die gelieferten und empfangenen Tennisbälle bezahlen und hat aber keine Bälle. Das Realisationsprinzip besagt hier also, dass die X-GmbH den Erfolg realisieren muss, weil der Gefahrenübergang stattgefunden hat.

Merke

Wann genau (zeitlich gesehen) der Gefahrenübergang stattfindet, ist von Vertrag zu Vertrag unterschiedlich. Im vorliegenden Beispiel der X-AG und der Boris-GmbH lag der Gefahrenübergang im Zeitpunkt der Abholung durch den Empfänger. Bei anderen Verträgen kann sehr wohl ein früherer Zeitpunkt vereinbart werden.