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Unternehmensführung und -steuerung

Kalkulationsverfahren (Formen)

01. Welche Kalkulationsverfahren finden im Handel Anwendung?

Im Handel wird in erster Linie das Zuschlagsverfahren angewendet. Ausgangsbasis ist der Listeneinkaufspreis der Ware. Abzuziehen sind Rabatte und Skonti, hinzuzurechnen sind die Bezugskosten wie Verpackung, Fracht und Rollgelder.

Dabei wird unterschieden:

  • entsprechend den Kalkulationsstufen (bei der Vorwärtskalkulation) zwischen Bezugspreis-, Barverkaufspreis- und Verkaufskalkulation

  • entsprechend der Kalkulationsrichtung (gewählte Ausgangsbasis) zwischen Vorwärts-, Rückwärts- und Differenzkalkulation

    Vorwärtskalkulation
    Die Vorwärtskalkulation (auch: progressive Kalkulation) geht vom Listeneinkaufspreis aus und ermittelt den Netto- bzw. Bruttoverkaufspreis.

    Rückwärtskalkulation
    Die Rückwärtskalkulation (auch: retrograde Kalkulation) geht von einem gegebenen Verkaufspreis (= Marktpreis) aus und berechnet, zu welchem Listeneinkaufspreis die Ware beschafft werden muss.

    Differenzkalkulation
    Die Differenzkalkulation geht von einem gegebenen Verkaufspreis (= Marktpreis) und einem gegebenen Listeneinkaufspreis aus und ermittelt, welcher Gewinn unter diesen Bedingungen noch zu realisieren ist.

  • entsprechend dem Zeitpunkt der Kalkulation zwischen Vor- und Nachkalkulation sowie mitlaufender Kalkulation.

Hinweis

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Weitere Informationen zu dem Thema finden Sie in den folgenden Kapiteln: Preispolitik, Sortimentspolitik, Werbeplanung, Wirtschaftlichkeit der Lagerwirtschaft, Integration von Preis- und Konditionenpolitik, Einkaufskonzeption, Sortiments-Einkaufsstrategie.

02. Welches Kalkulationsschema wird im Handel zugrunde gelegt?

Der Handelskalkulation liegt das nachfolgende Schema zugrunde (zur Erläuterung ist das Zahlengerüst einer Angebotskalkulation gegeben); man unterscheidet dabei einzelne Teile der Kalkulation (Bezugspreiskalkulation usw.):

Beispiel

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03. Wie werden der Kalkulationszuschlag bzw. der Kalkulationsfaktor berechnet?

Im Großhandel: Der Kalkulationszuschlag (in %) ist die Differenz zwischen Nettoverkaufspreis (= Netto-VP) und Bezugspreis (= BP) in Prozent vom Bezugspreis. Man bezieht sich auf den Nettoverkaufspreis wegen des getrennten Umsatzsteuerausweises.

 

$$Kalkulationszuschlag_{GH} = \frac{Nettoverkaufspreis\; -\; Bezugspreis}{Bezugspreis} * 100$$

Im Einzelhandel: Hier ist der Verkaufspreis immer einschließlich der Umsatzsteuer anzugeben; als Berechnungsgröße ist daher der Bruttoverkaufspreis heranzuziehen:

 

$$Kalkulationszuschlag_{EH}= \frac{Bruttoverkaufspreis\; -\; Bezugspreis}{Bezugspreis} * 100$$

Der Kalkulationsfaktor ist ein Kalkulationsaufschlag auf den Bezugspreis – bezogen auf 1 €; z. B. bei 25 % (Kalkulationszuschlag in %) ergibt sich ein Kalkulationsfaktor von 1,25.

 

$$Kalkulationsfaktor\; =\; 1\; +\; Kalkulationszuschlag$$

04. Warum wird die Preisermittlung in der Praxis häufig mithilfe des Kalkulationszuschlages durchgeführt (vereinfachte Vorwärtskalkulation)?

In vielen Fällen der Handelspraxis bleiben Handlungskosten, Gewinnzuschlag, Kundenskonto und Kundenrabatt bei der Ermittlung des Verkaufspreises unverändert. Man kann daher mithilfe des Kalkulationszuschlages die Vorwärtskalkulation verkürzen. In dem unter Frage 02. dargestellten Beispiel der Einzelkalkulation erhält man (ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer):

Beispiel

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$$Kalkulationszuschlag_{GH}= \frac{Nettoverkaufspreis\; -\; Bezugspreis}{Bezugspreis} * 100$$

 

$$Kalkulationszuschlag_{GH} = \frac{265,63\; -\; 179,20}{179,20} * 100\; =\; 48,23 \%$$

Probe:

 

$$Listenverkaufspreis_{netto}\; =\; Bezugspreis * Kalkulationsfaktor$$

 

$$Listenverkaufspreis_{netto}\; =\; 179,20 * 1,4823\; =\; 265,63$$

Mit anderen Worten:
Wenn einem Kaufmann bekannt ist, dass der Kalkulationszuschlag in seinem Betrieb bei einem bestimmten Artikel oder einer Warengruppe rd. 50 % beträgt kann er „verkürzt“ (überschlägig) sehr schnell den Verkaufspreis ermitteln.

Beispiel

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Der Einstandspreis für Anoraks beträgt für einen Großhändler 80,00 €. Sein überschlägig ermittelter Nettoverkaufspreis liegt daher bei 80,00 € • 1,5 = 120,00 €. Der Großhändler könnte nun weiterhin überlegen, ob der Preis von 120,00 € beim Einzelhandel realisiert werden kann.

05. Wie wird die Handelsspanne ermittelt (vereinfachte Rückwärtskalkulation)?

Ebenso wie die Vorwärtskalkulation kann auch die Rückwärtskalkulation verkürzt werden, wenn Handlungskosten, Gewinnzuschlag, Kundenskonto und Kundenrabatt konstant sind. Wird der Nettoverkaufspreis gleich 100 % gesetzt, so kann in der Rückrechnung vom Nettoverkaufspreis vereinfacht auf den Einstandspreis mithilfe eines Kalkulationsabschlags geschlossen werden, den man Handelsspanne (HSP) nennt.

Die Handelsspanne ist die Differenz zwischen Nettoverkaufspreis (= Netto-VP) und Bezugspreis (= BP) in Prozent vom Nettoverkaufspreis:

 

$$Handelsspanne = \frac{Nettoverkaufspreis\; -\; Bezugspreis}{Nettoverkaufspreis} * 100$$

Beispiel

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$$Handelsspanne = \frac{265,63\; -\; 179,20}{265,63} * 100\; =\; 32,54 \%$$

Probe:

 

$$Bezugspreis\; =\; Nettoverkaufspreis * (1\; -\; Handelsspanne\; :\; 100)$$

Bezugspreis = 265,63 • 0,6746 = 179,20

06. Wie können Kalkulationszuschlag und Handelsspanne mithilfe des Rohgewinns ermittelt werden?

In der GuV-Rechnung gilt:

 Umsatz
-Wareneinsatz
=Rohgewinn

Wird der Rohgewinn auf eine Ware bezogen, so ergibt er sich als Differenz von Nettoverkaufspreis - Bezugspreis. Man kann daher die Formeln für die Berechnung des Kalkulationszuschlages bzw. der Handelsspanne mithilfe des Rohgewinns modifizieren:

 

$$Kalkulationszuschlag = \frac{Rohgewinn}{Bezugspreis} * 100$$

 

$$Handelsspanne = \frac{Rohgewinn}{Nettoverkaufspreis} * 100$$

Dies zeigt den engen Zusammenhang zwischen Handelsspanne und Kalkulationszuschlag: Beim Kalkulationszuschlag wird der Rohgewinn in Prozent des Bezugspreises (Einstandspreis, Wareneinsatz) gesetzt, bei der Handelsspanne in Prozent des Nettoverkaufspreises (Umsatzerlöse).

Hinweis

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Auch hier muss – genau genommen – zwischen Brutto- und Nettorohgewinn unterschieden werden, je nachdem, ob der Bruttoverkaufspreis (Einzelhandel) oder der Nettoverkaufspreis (Großhandel) betrachtet wird.

07. Wie wird nach dem Verfahren der Divisionskalkulation gearbeitet?

Bei der Anwendung der Divisionskalkulation werden zunächst die Wareneinstandskosten, d. h. die Einkaufspreise zuzüglich der Verpackungskosten, Transportkosten und Finanzkosten sowie abzüglich der Rabatte und Skonti von den Handlungskosten getrennt. Die Wareneinstandskosten werden den Artikeln direkt zugeordnet. Die Handlungskosten werden in Beziehung zu den Wareneinstandskosten gesetzt und führen zu einer Kalkulationsquote:

Die Verkaufspreise werden auf der Basis der ermittelten einheitlichen Kalkulationsquote berechnet:

 Wareneinstandskosten pro Artikel
+Handlungskostenaufschlag (Kalkulationsquote)
=Selbstkosten
+Gewinnaufschlag
=Verkaufspreis

08. Welche Nachteile hat die Divisionskalkulation?

Die Verteilung der Handlungskosten mithilfe eines einheitlichen Satzes wird der unterschiedlichen Warenstruktur nicht gerecht und unterschiedliche Kosten können den verursachenden Artikeln nicht angelastet werden. Die Nachteile der Divisionskalkulation lassen sich durch Äquivalenzziffern vermindern.

09. Worin liegen die Schwierigkeiten einer kostengerechten Kalkulation im Handel?

Die Schwierigkeiten einer kostengerechten Kalkulation im Handel sind darin begründet, dass ein großer Teil der Handlungskosten aus Fixkosten besteht, die den Handelsleistungen nur schwierig zurechenbar sind. Die Zurechnung der fixen Kosten im Rahmen der Vollkostenrechnung führt zu einer Kostenverteilung und weniger zu einer exakten Kostenverrechnung. Daher gibt es auch im Handel kein Kalkulationsverfahren, das den Anspruch erheben könnte, bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu optimalen Ergebnissen zu führen, wie dies in der Industrie der Fall ist.

10. Was bedeutet das Prinzip der Durchschnittskosten?

Der Handel bietet vielfach allen Abnehmern die einzelnen Produkte zu gleichen Preisen an, obwohl die von den Kunden verursachten Kosten unterschiedlich hoch sein können. So fallen z. B. bei der Warenanlieferung bei den Kunden je nach der Entfernung unterschiedliche Kosten an, die unberücksichtigt bleiben.

11. Wie ist ein kalkulatorischer Ausgleich zu erzielen?

Obwohl es vielfach im Handel schwierig ist, eine kostengerechte Kalkulation durchzuführen, kann nicht auf eine kostenorientierte Kalkulation verzichtet werden. Bestimmte Verlustartikel müssen in Kenntnis der Verlustsituation allein deshalb im Sortiment behalten werden, weil eine Verbundenheit der Artikel besteht und bei einer Streichung dieser Artikel aus dem Sortiment auch andere Artikel betroffen sein könnten. Es kommt daher darauf an, einen kalkulatorischen Ausgleich zu erzielen, indem sogenannte Ausgleichsnehmer, das sind Verlustartikel, deren Handelsspanne die durchschnittliche Handelsspanne nicht erreicht, durch Ausgleichsträger „aufgefangen“ werden.

12. Welche Artikel eignen sich als Ausgleichsträger?

Als Ausgleichsträger eignen sich in erster Linie Artikel, die keinem scharfen Preiswettbewerb ausgesetzt sind, insbesondere Artikel, die der Befriedigung eines individuellen Bedarfs dienen, aber trotzdem in großer Zahl verkauft werden können.

13. Welche Möglichkeiten bestehen für besonders niedrig kalkulierte Angebote?

Es kann ein besonderer Aktionsfonds gebildet werden, aus dem Verluste aus bewusst zu niedrig bemessenen Spannen getragen werden.