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Außenhandel

Tarifäre Handelshemmnisse

01. Was versteht man unter tarifären Handelshemmnissen?

Als tarifäre Handelshemmnisse gilt alles, was den freien Verkehr von Gütern, Dienstleistungen und Kapital zwischen Volkswirtschaften dadurch beeinträchtigt, dass Importe künstlich verteuert und Exporte künstlich verbilligt werden. Die tarifären Handelshemmnisse lassen sich also in Euro und Cent ausdrücken. Insbesondere zählen Zölle, Verbrauchssteuern und Kontingente zu den Instrumenten, die den internationalen Handel auf tarifäre Weise behindern.

Zölle sind das klassische tarifäre Handelshemmnis. Deshalb setzte sich die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft bei ihrer Gründung 1957 zum Ziel, die Zölle innerhalb der Gemeinschaft allmählich abzubauen. Mit dem im Maastrichter Vertrag vereinbarten und am 01.01.1993 verwirklichten Binnenmarkt hat die Europäische Union dieses Ziel inzwischen erreicht.

02. Aus welchen Motiven gibt es Zölle?

Zwar kann es demjenigen, der den Zoll entrichten muss, gleichgültig sein, aus welchem Grund Zoll überhaupt erhoben wird, dennoch ist es interessant, welche Motive – vorgeschobene oder tatsächliche – einst zu Zöllen geführt haben, wobei die Motivlage durchaus nicht immer eindeutig und klar war.

  1. Motiv: Der Staat braucht Einnahmen → Finanzzoll
    Die Ausgaben des Staates überstiegen seine Einnahmen. Eine (weitere) Erhöhung der Steuern war vielleicht aus politischen Gründen nicht ratsam, sodass Zölle eingeführt bzw. erhöht wurden. Die Zolleinnahmen wuchsen mit dem Handelsverkehr und füllten somit die Staatskasse.

  2. Motiv: Der Staat schützt inländische Arbeitsplätze → Schutzzoll
    Dies ist das verlogenste Argument, das je für Zölle angeführt wurde und verschleierte häufig nur das tatsächliche Motiv, die Staatseinnahmen zu erhöhen. Besonders ärgerlich ist, dass dieses Motiv bei vielen Unbedarften Beifall findet. Es ist ja auch plausibel: Wenn die Menschen japanische Autos kaufen, verkaufen europäische Autohersteller weniger Autos und müssen Arbeitskräfte entlassen. Verteuert man billigere Importware, lohnt sich deren Kauf für europäische Kunden nicht und sie kaufen europäische Produkte und tragen damit dazu bei, Arbeitsplätze zu erhalten. Tatsächlich schotten Importzölle den Inlandsmarkt vor ausländischer Konkurrenz und ausländischen Qualitätsprodukten ab. Die inländischen Produzenten haben also gar keinen Grund, Produkte zu verbessern und Qualität zu steigern. Die Konsumenten können ja nicht auf bessere Importprodukte ausweichen. „Schutzzölle“ schützen also schlafmützige Anbieter und bevormunden die Verbraucher. Sie sind gleichzeitig Fortschrittsbremse und Unverschämtheit.

  3. Motiv: Importe verteuern, um inländischen Produkten bessere Absatzchancen zu verschaffen → Importzoll
    Die Wirkung ist dieselbe wie beim Schutzzollmotiv. Importierte Produkte werden durch Zölle künstlich verteuert, sodass sie ihren Preisvorteil gegenüber den Inlandsprodukten verlieren.

  4. Motiv: Produkte dürfen im Inland nicht knapp werden → Exportzoll
    Knappe und begehrte Produkte werden dort verkauft, wo der Verkäufer am meisten erlösen kann. Kann er im Ausland bessere Preise als im Inland erzielen, wird er die Waren exportieren und dort verkaufen. Dies gelingt ihm um so besser, wenn die Preise dieser Güter auf dem ausländischen Markt immer noch niedriger sind als die Preise der dortigen einheimischen Produkte. Wird auf Warenexporte Zoll erhoben, verlieren die Exporte ihren Preisvorteil und die darauf basierenden Absatzchancen. Da die Produkte aber vorhanden sind, stehen sie im Inland zur Verfügung und verbessern die inländische Angebotsmenge. In der deutschen Realität sind Exportzölle ein lediglich theoretisches Modell; schließlich ist die deutsche Wirtschaft auf Exporte angewiesen. Kein verantwortlich politisch Handelnder käme auf die Idee, Exportchancen zu reduzieren.

  5. Motiv: Partizipation am Transitverkehr und am Transithandel → Transitzoll
    Ware, die lediglich durch das Wirtschaftsgebiet durchgeleitet wird, ohne hier in den Wirtschaftsverkehr zu gelangen, belastet die hiesige Infrastruktur, führt aber zu keinen staatlichen Einnahmen. Wird der Transitverkehr mit Zoll belastet, erhält der Staat dadurch Einnahmen. Gleiches trifft auf den Transithandel zu. Wird die Ware gar nicht ins Wirtschaftsgebiet eingeführt, sondern verbleibt im Freihafen und wird von dort aus in andere Länder transportiert, verzeichnet der Staat keine Zolleinnahmen und auch keine Einfuhrumsatzsteuer, weil eine Einfuhr ja gar nicht stattgefunden hat. Mit einem Transitzoll könnte der Staat aber Zölle einnehmen, wenn der Transithändler seinen Sitz im Wirtschaftsgebiet (also außerhalb der Freihäfen) hat.

  6. Motiv: Verhalten der Nachfrager verändern → Erziehungszoll
    Dieses Motiv geht davon aus, dass der Staat ein bestimmtes Verhalten als richtig oder als vernünftig oder als sozialadäquat ansieht und die Konsumenten dazu bringen will, ihr Kaufverhalten entsprechend auszurichten. Das Verhalten wird über den Preis gesteuert, indem Importe, die dieser staatlichen Vorstellung nicht entsprechen durch Zölle verteuert werden. So könnten z. B. ausländische Produkte, die kein Zertifikat haben, dass sie nicht in Kinderarbeit hergestellt wurden oder dass bei ihrer Herstellung bestimmte Arbeits- oder Umweltschutzvorschriften eingehalten wurden, beim Import mit Zoll belegt werden, sodass sie für den inländischen Konsumenten zu teuer werden bzw. er bei dessen Kauf ein schlechtes Gewissen bekommt.

  7. Motiv: Nicht marktgerechtes Verhalten der ausländischen Anbieter verändern → Antidumpingzölle
    Wenn der ausländische Anbieter seine Produkte zu niedrigeren Preisen exportiert als er sie auf seinem inländischen Markt anbietet, ohne dass die Märkte sich in ihrer Marktform oder in ihrer Struktur oder in den Präferenzen der Nachfrager wesentlich unterscheiden, liegt die Vermutung nahe, dass er sie künstlich verbilligt hat. Das kann zum einen seine individuelle betriebswirtschaftliche Entscheidung sein, auf dem ausländischen Markt preispolitisch eine Penetrationstrategie zu verfolgen, um schnell Marktanteile zu gewinnen; es kann aber zum anderen auch auf Exportsubventionen seiner Regierung zurückzuführen sein. Erhebt der Importstaat auf diese Produkte nunmehr Zoll, macht er den künstlich erzeugten Preisvorteil des ausländischen Anbieters zunichte.

  8. Motiv: Handelshemmnisse fremder Staaten bekämpfen → Retorsionszölle
    Diese Zölle stellen einen „Gegenschlag“ gegen Handelshemmnisse dar, die die Regierung eines ausländischen Staates errichtet hat und die Export- und/oder Importmöglichkeiten der inländischen Unternehmen beeinträchtigen. Mehrfach hat es solche Retorsionszölle als Drohkulisse in handelspolitischen Auseinandersetzung zwischen der EU und den USA gegeben.

Erziehungs-, Antidumping- und Retorsionszölle sind ihrer Natur nach zeitlich begrenzt; ist das beabsichtigte Ziel erreicht, entfällt das Motiv, diese Zölle weiter zu erheben.

03. Was wird verzollt?

Die meisten Zölle sind Wertzölle, d. h. sie werden auf den Zollwert erhoben (zur Berechnung des Zollwerts vgl. 8.4.2/02). Es gibt aber auch Produkte, bei denen nicht der Zollwert, sondern das Zollnettogewicht die Basis für die Verzollung bildet, z. B. Stahl. Zur Unterscheidung vom Wertzoll bezeichnet man diesen Zoll als Gewichtszoll. Desgleichen ist eine Kombination der Zollbasis aus Wert und Gewicht denkbar, sodass Mischzölle entstehen.

04. Was sind Abschöpfungen?

Zölle sind selten Fixbeträge, sondern stellen einen bestimmten prozentualen Aufschlag auf den Zollwert dar. Beabsichtigt der inländische Staat, durch Zölle Importwaren so zu verteuern, dass sie ihren Preisvorteil gegenüber den inländischen Produkten verlieren (z. B. Antidumpingzölle), sind variable Einfuhrabgaben wirkungsvoller. Für Importe bestimmter landwirtschaftlicher Erzeugisse praktizierte die EU ein solches Verfahren. Beim Import verteuern sich diese Produkte durch eine Ausgleichsabgabe in Höhe der Differenz zwischen dem höheren EU-Binnenpreis und dem niedrigeren Weltmarktpreis, sodass die importierten Produkte innerhalb der EU genauso teuer angeboten werden wie die im Binnenmarkt erzeugten Produkte. Dieser Ausgleichsbetrag wurde abgeschöpft und stellte eine Eigeneinnahme der EU dar (aus denen sie selbst Subventionen finanziert). Da sowohl der Weltmarktpreis als auch der Binnenpreis veränderlich waren, musste die Abschöpfung natürlich ebenfalls variabel sein.

05. Wie wirken Verbrauchssteuern?

Verbrauchssteuern verteuern wie alle Steuern den Preis der Produkte. Anders als z. B. die Umsatzsteuer werden sie allerdings nicht offen ausgewiesen, sondern sind im gelisteten Preis enthalten. So wird in Deutschland gemäß § 2 Kaffeesteuergesetz auf 1 kg Röstkaffee Kaffeesteuer in Höhe von 2,19 € und auf 1 kg löslichen Kaffee 4,78 € erhoben. Die 2,19 € bzw. 4,78 € fließen für den Händler beim Einkauf mit in den Einstandspreis ein. Der Händler berechnet hierauf seinen Kalkulationszuschlag und erhält so seinen Verkaufspreis. Dieser Verkaufspreis wird dann mit Umsatzsteuer belegt, die zwar nicht den Händler, wohl aber den Konsumenten belastet. Er zahlt mit der Umsatzsteuer Steuern auf die Steuer. Der Staat verdient also am Kilogramm Kaffee zweimal: über die Kaffeesteuer und über die Umsatzsteuer.

06. Warum stellen Verbrauchssteuern ein Handelhemmnis dar?

Verbrauchssteuern werden im Inland erhoben. Soweit Produkte einer Verbrauchssteuer unterliegen, betreffen sie sowohl die inländischen Erzeugnisse als auch die importierten Produkte. Die Verbrauchssteuer wird auf den verzollten Warenwert erhoben.

Als Handelshemmnis wirken die Verbrauchssteuern vor allem aus einem Grund: Sie sind in der EU nicht einheitlich. Anders als die Zölle sind die Steuern innerhalb der EU noch nicht harmonisiert, sodass Kaffee in Deutschland der Kaffeesteuer unterliegt, in den Niederlanden jedoch nicht. Kaufen Kunden aus Deutschland Kaffee in den Niederlanden, zahlen sie zwar einen niedrigeren Preis für den Kaffee an sich und müssen ihn auch bei der Verbringung nach Deutschland nicht verzollen – es gibt innerhalb der EU keine Zollschranken mehr – , aber sie müssen die Kaffeesteuer entrichten. Die Finanzbehörden erhalten u. a. durch die vierteljährlichen Meldungen über innergemeinschaftliche Umsätze Kenntnis vom Kaffeekauf und können feststellen, ob ein Kaffeekäufer die Kaffeesteuer ggf. hinterzogen hat.

Nun wird innerhalb der EU kein Kaffee angebaut. Aber Verbrauchssteuern auf Produkte, die auch in der EU erzeugt werden können, sind für Anbieter aus dem Drittstaatsgebiet hinderlich, weil sie ihre Waren auf dem EU-Markt künstlich verteuern.

07. Was sind Kontingente?

Während Zölle die Preise der Waren verteuern, beschränken Kontingente die Warenmenge, die importiert (Importkontingente) bzw. exportiert (Exportkontingente) werden darf. Exportkontingente sind in der EU unüblich; Importkontingente wendet die EU allerdings an. Die Beschränkung kann in Mengeneinheiten (z. B. Einfuhr eines bestimmten Produkts 2019: maximal 2 Mio. Tonnen) oder in Werteinheiten (z. B. Einfuhr eines bestimmten Produkts 2019: maximal 200 Mio. €) erfolgen.

08. Inwiefern hemmen Kontingente den freien Handel?

Ob Mengenbeschränkungen den freien Handel tatsächlich hemmen, hängt von der Höhe des Kontingents ab. Liegt die Kontingenthöhe über dem tatsächlich von den Marktteilnehmern gewollten Import- bzw. Exportvolumen, so liegt keine Handelsbeschränkung vor. Kontingente liegen aber normalerweise niedriger als das von Importeuren und Exporteuren gewolltem Handelsvolumen, sodass der Handel in dem gewünschten Umfang nicht stattfinden kann.

09. In welchen Bereichen gibt es Kontingentierungen?

Soweit die EU Importkontingente eingeführt hat, betrifft das Produkte, die in Konkurrenz zu Waren stehen, die auch innerhalb der EU hergestellt werden. Das jüngste Beispiel sind die Importkontingente für Textilwaren aus der Volksrepublik China.

10. Wie werden Kontingentanteile zugeteilt?

Einfuhrkontingente sind Mengenkontingente. Dabei wird die Menge (definiert als Gewicht, Mengeneinheiten oder Maßen), die eingeführt werden darf, anhand der Mengen eines früheren Zeitraums z. B. des Vorjahres quotiert. Beträgt die Importquote im laufenden Jahr z. B. 75 % des Vorjahres, und lag der Vorjahresimport bei 12.000.000 ME eines kontingentierten Produkts, so dürfen im laufenden Jahr höchstens 9.000.000 ME importiert werden. Dabei kann es sein, dass das Kontingent schon im ersten Quartal ausgeschöpft ist, d. h. dass bereits im ersten Quartal 9.000.000 ME eingeführt wurden. Welcher Importeur wie viele ME importieren kann, hängt davon ab, wie viele Lizenzen zur Einfuhr er ersteigert hat. Denn die EU wird das Einfuhrkontingent in Einfuhrlizenzen aufteilen, die sie zur Versteigerung anbietet. Die Versteigerung ist die marktkonforme Möglichkeit, Einfuhrlizenzen zu verteilen. Das ändert aber nichts daran, dass Kontingente ein nichttarifäres Handelshemmnis sind.

Für Importhändler ist es wichtig, Anteile am Kontingent zu erhalten. Da Kontingentierung nur sinnvoll ist, wenn die Nachfrage größer als die Kontigentmenge ist, kann der Händler mit einem nahezu sicheren Absatz rechnen. Wie viele Waren er im Rahmen des Kontingents importieren kann, hängt von dem Verfahren ab, in dem Anteile (Quoten) am Kontingent vergeben werden.

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11. Was sind Exportsubventionen?

Exportsubventionen verbilligen teuere Inlandsprodukte, um sie auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig anbieten zu können. Die EU erstattet für manche Produkte (vor allem Agrarprodukte) dem Anbieter, der seine Erzeugnisse auf dem Binnenmarkt nicht (vollständig) absetzen kann und daher seine Überschussproduktion auf Weltmarkt anbietet, die Differenz zwischen dem niedrigeren Weltmarktpreis und dem höheren EU-Referenzpreis.

Subventionen sind mit der marktwirtschaftlichen Ordnung allenfalls als Anpassungssubventionen (also zeitlich befristet und in der Höhe abnehmend) vereinbar, keinesfalls aber als Erhaltungssubventionen, mit denen veraltete Strukturen verfestigt werden, sodass Erhaltungssubventionen unbefristet gezahlt werden müssten. Je mehr sich die verfestigten Strukturen von der Marktrealität entfernen, um so höhere Erhaltungssubventionen fallen an. Ob Exportsubventionen Anpassungs- oder Erhaltungssubventionen darstellen, war, ist und bleibt eine politische Frage.