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Betriebstechnik

Lagerung von Ersatzteilen für Maschinen und Anlagen

 

01. Welche Bedeutung hat die Lagerung von Ersatzteilen?

Wirtschaftlich gesehen befindet sich die Lagerhaltung von Ersatzteilen in einem Zielkonflikt:

  1. Einerseits müssen Ersatzteile in der notwendigen Qualität und Menge rechtzeitig zur Verfügung stehen, damit über durchgeführte Instandhaltungsmaßnahmen ein Stillstand der Anlagen vermieden wird.

  2. Zum anderen soll die Lagerhaltung der Ersatzteile auf das erforderliche Maß begrenzt werden, damit die Kosten der Lagerhaltung (vgl. unten) minimiert werden können.

  3. Imageverlust bei nicht befriedigten Anforderungen.

 

02. Welche Maßnahmen sind zielführend im Rahmen des Bedarfsmanagements von Ersatzteilen?

  1. Online-Diagnose der Anlage über Prozessrechner:

    Sie ermöglicht die automatische Erfassung relevanter Maschinenparameter, die gegen gespeicherte Warn- und Grenzwerte geprüft werden. Die Grenzwerte werden aufgrund von Erfahrungen so gewählt, dass noch ausreichend Zeit zur Verfügung steht, notwendige Aktionen einzuleiten und die Beschaffung des Ersatzteils zu veranlassen. Die Folge: Die Maschinenverfügbarkeit wird erhöht, die Kapitalbindung verringert und die Kosten werden gesenkt.

  2. Standardisierung und Mehrfachverwendung/-einsatz von Ersatzteilen:

    Es sollte in Abstimmung mit Herstellern versucht werden, die Vielfalt der Ersatzteile zu reduzieren. Es gibt bei genauerer Untersuchung eine Reihe von Ersatzteilen/Komponenten, die in mehr als einem Maschinentyp eingebaut werden können.

    Beispiel

    Hier klicken zum Ausklappen

    Elektroantriebe, Speicherplatten, Elektrikmodule, Steckkarten usw.

  3. SOS = Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit:

    Das Bedienpersonal sollte die Anlage regelmäßig reinigen, überprüfen und warten. Dadurch wird die Lebensdauer der Maschine verlängert und Abweichungen vom Sollzustand eher erkannt.

  4. Planung und Dokumentation des Lebenszyklus einer Maschine:

    Aufgrund von Erfahrungswerten sollte der Lebenszyklus wichtiger Anlagen dokumentiert werden, sodass der Ersatzzeitpunkt wirtschaftlich gewählt werden kann. Außerdem kann in einer Frühphase der Entwicklung neuer Anlagen beim Hersteller Einfluss genommen werden auf die Entwicklung signifikanter Vorteile des neuen Maschinentyps (Bedienerfreundlichkeit, Verbesserung einzelner Funktionen/der Arbeitssicherheit, Reduzierung des Energieverbrauchs, verbesserte Eingliederung in die internen Produktionsprozesse u. Ä.).

  5. FMEA zur Ermittlung möglicher Schadensfälle.

 

03. Welche Maßnahmen sind zielführend im Rahmen der Logistik und des Lagermanagements von Ersatzteilen?

  1. Optimierung der Lagerstrategie:

    1.1

    Keine eigene Lagerhaltung:

    Hochwertige, spezifische Einzelteile einer Anlage werden nicht als Ersatzteile gelagert, da im Rahmen der gesetzlichen und/oder vertraglichen Gewährleistung bei Ausfall vom Lieferanten Ersatz gestellt werden muss. Die vertragliche Sicherstellung dieser Lieferantenverpflichtung wird vom Einkauf übernommen.

    Nach Ablauf der Gewährleistungsfrist ist im Rahmen der Instandhaltungsplanung zu ermitteln, welchem Verschleiß hochwertige, spezifische Einzelteile unterliegen. Im Wege einer vorbeugenden Instandhaltung kann der Austausch frühzeitig geplant und die Ersatzbeschaffung dem Lieferanten (in Abhängigkeit von seiner Lieferfrist) angezeigt werden. Als weitere Variante für die Verschleißteile mit hohem Artikelpreis ist die Einrichtung eines Konsignationslagers (Warenlager eines Lieferanten, welches sich beim Kunden befindet) des Betreibers beim Lieferanten.

    1.2

    Eigenes (Hand-)Lager:

    Normteile (nach DIN), z. B. gängige Verbindungselemente, werden als kleines Handlager geführt und in Abhängigkeit vom Verbrauch aufgefüllt. Ebenso wird man geringerwertiges Verschleißmaterial als Handlager führen. Hier lassen sich oft die Nachteile der Kapitalbindung durch die Vorteile größerer Bestellmengen (Rabatte, Transportkosten) kompensieren. In jedem Fall sind die Kosten der Kapitalbindung gering im Vergleich zu den Ausfallkosten.

    1.3

    Eigenes Lager:

    Teile mit hoher Ausfallwahrscheinlichkeit und hohen Ausfallkosten werden beim Betreiber gelagert. Bei vorbeugender Instandhaltung lässt sich der Ersatzteilbedarf höherwertiger Baugruppen und Teile mithilfe stochastischer Methoden (Wahrscheinlichkeitsrechnung) ermitteln; die Bestellung kann rechtzeitig in Abhängigkeit von der Instandhaltungsplanung ausgelöst werden.

  2. Bildung eines Ersatzteilpools:

    Große Unternehmen haben häufig eine Vielzahl dezentraler Läger eingerichtet. Hier bietet es sich an, alle Läger mit einem Informationssystem zu verknüpfen und ein überbetriebliches Ersatzteilmanagement zu etablieren. Damit können Ersatzteilfehlbestände und die Kapitalbindung reduziert werden. Die Poolbildung kann weiterhin genutzt werden, um eine Optimierung der Lagerstandorte zu realisieren (Reduzierung der Transportwege und -zeiten).

 

04. Welche Varianten der Lagerhaltung von Ersatzteilen sind grundsätzlich denkbar (Überblick)?

Neben den oben dargestellten Aspekten gibt es grundsätzliche Varianten der Ersatzteillagerung, die zum Teil vertragsmäßig beim Kauf von Anlagen vereinbart werden:

  1. Das Unternehmen kann die Lagerhaltung der Ersatzteile in Eigenregie durchführen.

  2. Alternativ kann teilweise oder völlig auf eigene Lagerhaltung verzichtet werden: Der Hersteller sichert die Lagerhaltung der Ersatzteile vertraglich zu und stellt sich auf die Instandhaltungserfordernisse seines Kunden ein (Unternehmen – Hersteller).

  3. Diese Variante kann umgekehrt auch für die Rechtsbeziehung „Unternehmen – Kunde“ gelten: Das eigene Unternehmen hat Maschinen und Anlagen an seine Kunden geliefert; es wird vertraglich vereinbart, dass ein bestimmtes Handlager von Ersatzteilen (Normteile und gängige Verschleißteile als Fremdlager) beim Kunden geführt wird. Dies verbessert die Verfügbarkeit der Teile und reduziert die Transportkosten.

  4. Die grundsätzliche Entscheidung „Eigen- oder Fremdersatzteillager“ ist abhängig von folgenden Aspekten (vgl. Frage 03.):

    • Verfügbarkeit der Teile

    • Wert der Teile

    • Ausfallwahrscheinlichkeit

    • Verschleißhäufigkeit/Ersatzintervalle

    • Kosten der Lagerhaltung

    • Instandhaltung mit eigenem Personal oder durch Servicepersonal des Herstellers.

 

05. Wie kann das Ersatzteillager im Maschinenbauunternehmen organisatorisch gegliedert sein?

Zum Beispiel nach Objekten:

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Bei einer schlechten Ersatzteildisposition können sich folgende Nachteile ergeben:

  • Kundenunzufriedenheit bzw. Imageverlust bei Wartezeiten

  • höhere Kosten bei spontanen Bestellungen.

 

06. Welcher Zusammenhang besteht zwischen folgenden Größen der Lagerwirtschaft: Lagerbestand, Durchschnittsbestand, verfügbarer Bestand, disponierter Bestand, Sicherheitsbestand, Meldebestand, Höchstbestand, Lagerreichweite, Wiederbeschaffungszeit?

  • Lagerbestand LB:

    Tatsächlich im Lager vorhandenes Material.

  • Durchschnittsbestand ø LB:

    Durchschnittlicher Lagerbestand; Mittelwert über eine bestimmte Periode; Varianten:

     

    $$ø\; LB = \frac{Anfangsbestand + Endbestand}{2}$$

     

    $$ø\; LB = \frac{Anfangsbestand + 12 Monatsendbestände}{13}$$

     

    $$ø\; LB = \frac{Anfangsbestand + 4\; Quartalsendbestände}{5}$$

  • Verfügbarer Bestand LBv:

    Der Teil des Lagerbestandes, der zu einem bestimmten Zeitpunkt noch verfügbar ist; dabei werden offene Bestellungen und Materialreservierungen berücksichtigt.

     

    $$LB_{v} = Lagerbestand + offene\; Bestellungen – Reservierungen$$

  • Disponierter Bestand LBd:

    Der Teil des Lagerbestandes, über den aufgrund von Vormerkungen oder Reservierungen nicht mehr verfügt werden kann.

     

    $$LB_{d} = Reservierungen + Vormerkungen$$

  • Sicherheitsbestand LBs (auch: eiserner Bestand, Mindestbestand, Reservebestand): Der Sicherheitsbestand ist der Bestand an Materialien, der normalerweise nicht zur Fertigung herangezogen wird. Er stellt einen Puffer dar, der die Leistungsbereitschaft des Unternehmens gewährleisten soll und dient zur Absicherung von Abweichungen verursacht durch:

    • Verbrauchsschwankungen

    • Überschreitung der Beschaffungszeit, z. B.

      • Lieferengpass beim Lieferanten (Streik, Qualitätsprobleme)

      • externe Transportprobleme

    • quantitative Minderlieferung

    • qualitative Mengeneinschränkung

    • Fehler innerhalb der Bestandsführung

  • Meldebestand LBM (auch: Bestellpunkt):

    Der Lagerbestand, bei dem die Bestellung ausgelöst wird; er kann näherungsweise ermittelt werden:

     

    $$LB_{M} = ø\; Verbrauch\; je\; Periode \cdot Beschaffungsdauer + Sicherheitsbestand$$

  • Höchstbestand LBH:

    Bestand der höchstens auf Lager genommen werden sollte (Raumkapazität, überhöhte Vorräte, Kapitalbindung).

  • Lagerreichweite:

    Zeit vom Erreichen des Meldebestandes bis zum Nullbestand – bei durchschnittlicher Entnahme.

  • Wiederbeschaffungszeit:

    Zeit zwischen dem Bestellzeitpunkt und dem Eintreffen des Materials; sie setzt sich aus dem Zeitbedarf für folgende Verrichtungen zusammen:

    Bestellvorgang + Auftragsannahme + Auftragsbearbeitung + Transport + Materialannahme

Der Zusammenhang ist in der nachfolgenden Grafik dargestellt; dabei ist eine kontinuierlich gleichbleibende Entnahme unterstellt:

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07. Welche Folgen können aus einem zu ungenau bestimmten Sicherheitsbestand entstehen?

  • Der Sicherheitsbestand ist im Verhältnis zum Verbrauch zu hoch:

    → Es erfolgt eine unnötige Kapitalbindung.

  • Der Sicherheitsbestand ist im Verhältnis zum Verbrauch zu niedrig:

    → Es entsteht ein hohes Fehlmengenrisiko.

 

08. Wie kann der Sicherheitsbestand bestimmt werden?

  • Bestimmung aufgrund subjektiver Erfahrungswerte.

  • Bestimmung mittels grober Näherungsrechnungen:

    • Durchschnittlicher Verbrauch je Periode • Beschaffungsdauer:

       

      $$LB_{s} = ø\; Verbrauch\; je\; Periode \cdot Beschaffungsdauer$$

    • Errechneter Verbrauch in der Zeit der Beschaffung + Zuschlag für Verbrauchs- und Beschaffungsschwankungen.

    • Längste Wiederbeschaffungszeit:

      Herrschende Wiederbeschaffungszeit • durchschnittlicher Verbrauch je Periode

    • Arithmetisches Mittel der Lieferzeitüberschreitung je Periode • durchschnittlicher Verbrauch je Periode

  • Mathematisch nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz.

  • Bestimmung durch eine pauschale Sicherheitszeit.

  • Festlegung eines konstanten Sicherheitsbestandes.

  • Festlegung eines konstanten Sicherheitsbestandes nach dem Fehlerfortpflanzungsgesetz.

  • Statistische Bestimmung des Sicherheitsbestandes.

 

09. Was sind Fehlmengenkosten und welche Folgen können sich daraus ergeben?

  • Fehlmengenkosten entstehen durch:

    • falsche Disposition

    • zu späte Bestellung

    • nicht ausreichende Menge

    • Falschlieferung

    • Reklamation.

  • Folgen:

    • Mitarbeiterkosten

    • Überpreise

    • Vertragsstrafen

    • Imageverlust.

 

10. Was versteht man unter Lagerhaltungskosten?

Die Lagerhaltungskosten sind die Kosten, die durch die Lagerung von Material verursacht werden. Sie umfassen folgende Einzelkosten:

  • Zinskosten

  • Lagerraumkosten

  • Abschreibungen

  • Kosten für Heizung

  • Kosten für Wartung

  • Kosten für Verderb

  • Versicherungskosten

  • Mietkosten

  • Kosten für Beleuchtung

  • Kosten für Instandhaltung

  • Kosten für Schwund

  • Kosten für Überalterung.

 

11. Welche Maßnahmen sind geeignet, die Lagerhaltungskosten zu senken?

Beispiele:

  • Kauf auf Abruf

  • Rabatte

  • Streckengeschäft

  • Just-in-time und Kanban-Prinzip.

 

12. Wie lässt sich die Ladefläche und die Lademasse eines Lkws berechnen?

Übung:

Für den innerbetrieblichen Transport stehen Euro-Paletten mit den Abmessungen 800 mm × 1.200 mm und der Eigenmasse mE = 20 kg zur Verfügung, die mit n = 200 Gussteilen der Stückmasse ms = 3,5 kg beladen werden können. Der 7,0 t Lastenanhänger (Lkw) hat eine Ladefläche AL = 6,5 m × 1,8 m.

Zu ermitteln ist die Transportkapazität für den Lastenanhänger hinsichtlich der Ladefläche und der Lademasse. Außerdem ist die Auslastung des Lastenanhängers hinsichtlich der Ladefläche und der Lademasse in Prozent zu bewerten.

Lösung:

Ladefläche des Anhängers= 6,5 m × 1,8 m= 11,7 m²
 Fläche pro Palette= 0,8 m × 1,2 m= 0,96 m²
 Theoret. Transportkapazität= 11,7 m² : 0,96 m²= 12,2
  ≈ 12 PalettenHinweis: Es können nur fünf Paletten in Reihe und zwei nebeneinander positioniert werden, aufgrund der Abmessungen der Ladefläche (5 • 2 = 10 Paletten). à 0,96 m² 
 Lademasse pro Palette= 20 kg + 200 Stk. • 3,5 kg/Stk. 
  = 720 kg 
 Lademasse des Anhängers= 7,0 t= 7.000 kg
 Transportkapazität/Lademasse= 7.000 kg : 720 kg= 9,72
  ≈ 9 Paletten á 720 kg 
Auslastung/Ladefläche= 8,64 m² : 11,7 m² • 100≈ 73,8 %
 Auslastung/Lademasse= 6.480 kg : 7.000 kg • 100≈ 92,6 %