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Unternehmensführung und -steuerung

Maßnahmen zur Prozessoptimierung ableiten

01. Wie lassen sich Geschäftsprozesse analysieren und bewerten?

1. Schritt:Für den Geschäftsprozess werden konkrete Ziele festgelegt.
Beispiel für den Prozess „Auftragsbearbeitung“: 90 % der Kundenaufträge werden termingerecht ausgeführt.
2. Schritt:Die Zielerreichung wird ermittelt.
Beispiel: 75 % der Kundenaufträge wurden termingerecht ausgeführt.
3. Schritt:Soll-Ist-Vergleich
Die Abweichung zwischen Soll (Zielwert) und Ist wird ermittelt.
Beispiel: Die Abweichung zwischen dem Soll- und dem Istzustand beträgt -15 (Prozentpunkte).
4. Schritt:Die Ursachen der Abweichung werden analysiert.
Beispiel: Die Befragung der Verkäufer ergibt, dass sich nach Auftragserteilung noch sehr viele Rückfragen durch den Kunden ergeben.
5. Schritt:Maßnahmen zur Behebung der Abweichungsursache werden durchgeführt.
Beispiel: Beratungsgespräche detaillierter ausführen; Produkt besser erklären; Liefer- und Zahlungsbedingungen exakt festhalten.
6. Schritt:Die durchgeführten Korrekturmaßnahmen zur Behebung der Schwachstelle des Geschäftsprozesses werden auf ihre Wirksamkeit hin überprüft.
Beispiel: Nach Durchführung der Korrekturmaßnahmen werden (im Idealfall) die Kundenaufträge im Durchschnitt zu 90 % termingerecht ausgeführt.

In diesem Abschnitt geht es vor allem um die Phase fünf „Maßnahmen zur Behebung der Abweichungsursache durchführen“.

02. Wie lassen sich Geschäftsprozesse optimieren?

Es werden hier allgemeine Ansätze und Beispiele der Prozessoptimierung dargestellt. Sie sind auf den Einzelfall (in der Prüfung, in der Praxis) anzuwenden:

Prozessverbesserung durch …ErklärungBeispiel
Behebung von Einzelfehlern
  • Verantwortlichkeit ungenau
  • Teilergebnisse unklar definiert
  • Prozess nicht definiert
  • Schnittstellenproblematik
  • Prozess nicht kundenorientiert
vgl. Frage 03.
Prozesse zusammenfassenTeilprozesse werden zusammengefasst und von einem Mitarbeiter bearbeitet; dadurch kann die Kundenorientierung verbessert werden.Teilprozess „Kalkulation“ (Preisermittlung) + Teilprozess „Lieferbedingungen festlegen“
Prozesse aufspaltenEin Prozess wird in zwei (oder mehrere) Teilprozesse zerlegt. Damit werden z. B. die Einzelprozesse übersichtlicher.Der Prozess „Angebote prüfen“ wird zerlegt in die Teilprozesse „Kaufmännische Angebotsprüfung“ und „Technische Angebotsprüfung“.
Prozesse auslagern (Outsourcing)Prozesse werden an externe Dienstleister vergeben, die diese schneller, kostengünstiger und qualitativ besser ausführen (Spezialisten).
  • Qualitätssicherung durch den Lieferanten
  • Transport durch Spediteure
ProzessautomatisierungSich wiederholende Prozesse werden standardisiert und DV-gestützt erledigt.
  • WWS
  • Lagerbestandsführung
  • Werbeschreiben
Vergleich mit anderen Handelsunternehmen (Benchmarking)Ein Vergleich der Prozessgestaltung mit „den Besten der Branche“ vermittelt Ideen zur Prozessoptimierung.
  • Zusammenarbeit mit dem Hersteller verbessern
  • interne Logistik verbessern
  • WWS verbessern

Im Handel werden bei der Prozessoptimierung die Prozesse des Geld, Daten- und Warenflusses sowie die Prozesse in der Verwaltung im Vordergrund stehen.

03. Welche Fehlerquellen sind typisch bei der Gestaltung von Geschäftsprozessen?

Beispiel

  1. Die Verantwortlichkeit je Teilprozess ist nicht oder unzureichend geklärt (Wer ist für was verantwortlich?)

  2. Das (messbare) Ergebnis eines Teilprozesses ist nicht oder unzureichend definiert – beurteilt vom Empfänger der Leistung (externer oder interner Kunde).

  3. Die Anzahl der Teilprozesse ist zu groß und nicht überschaubar (Problem der Prozessbreite).

  4. Die Übergabe von Informationen von einem Teilprozess zum nächsten ist ungenau (unfertige Informationen werden „über den Zaun“ geworfen in der Hoffnung, dass der nachfolgende Bearbeiter schon damit klar kommt; Schnittstellenproblematik).

  5. Für relevante, zentrale Vorgänge des Einzelhandelsunternehmens gibt es keine klar definierte Prozessorganisation.

  6. Der Kunde steht nicht im Zentrum der Prozessorganisation, sondern z. B. interne Regelwerke, die nicht hinterfragt werden.

Die Ermittlung der Schwachstellen ist ein erster Schritt in Richtung Optimierung. Die Schwachstellenanalyse erfolgt unter Rückgriff auf die Ergebnisse der Istmodellierung – oft werden schon unmittelbar bei der Feststellung des Istzustandes die ersten Schwachstellen deutlich, die dann in dieser Phase genauer analysiert werden.

Zu untersuchende Fragestellungen im Rahmen der Schwachstellenanalyse sind z. B.:

  • Existieren nicht-wertschöpfende Tätigkeiten?

  • Gibt es häufige Bearbeiterwechsel?

  • Kommt es häufig zu Problemen im Prozessablauf?

  • Ist die Durchlaufzeit zu lange?

  • Wo entstehen problematische Liegezeiten?

  • Kann die Anzahl der Papierbelege reduziert werden?

  • Gibt es Arbeitsschritte, die als komplex und zeitaufwendig empfunden werden?

  • Gibt es interne Schnittstellenprobleme?

  • Sind alle automatisierbaren Vorgänge automatisiert?

  • Verursacht der Prozess zu hohe Kosten?

  • Wo entstehen unnötige Kosten?

04. In welche Teilprozesse lässt sich der Distributionsprozess vom Hersteller zum Endkunden zerlegen?

Der Handel ist das Distributionssystem zwischen Hersteller und Verbraucher bzw. Verwender (Endkunde). Der Gesamtprozess der Distribution vom Hersteller zum Endkunden lässt sich in Teilprozesse zerlegen, die parallel und/oder simultan verlaufen (die Darstellung ist vereinfacht; vgl. die Taxonomie im Rahmenplan):

  1. Warenbezogener Prozess (auch: Warenfluss):
    Die Ware muss vom Hersteller zum Endkunden gelangen. Dabei können in der Beschaffung und im Absatz Spediteure/Lagerbetriebe zwischengeschaltet sein. Der Prozess ist zeitgebunden (Liefertermin, Verderblichkeit der Ware, Haltbarkeitsdatum/Kennzeichnung, keine Unterbrechung der Kühlkette) und der Warenfluss muss aus Gründen der Qualität, der Haftung, der Eigentumsfrage (Diebstahl, Schwund u. Ä.) bzw. aufgrund gesetzlicher Vorgaben (z. B. Herkunftsland, Erzeugernachweis; vgl. Fleisch-, Wurstwaren und Eiprodukte) lückenlos dokumentiert werden. Dazu gehört auch, dass jeder Artikel eindeutig identifiziert werden kann (vgl. z. B. Warenwirtschaftssystem). Im Regelfall ist der Warenfluss progressiv gerichtet. Bei Reklamation, Umtausch und anderen Sonderfällen ist der Prozess rückwärts gerichtet (retrograd; ggf. bis zurück zum Hersteller; vgl. Produkthaftungsgesetz).

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    Berücksichtigt man die Subsysteme des Warenein- und -ausgangs, lässt sich der interne Warenfluss beim Handel noch weiter untergliedern, z. B.:

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  2. Monetärer Prozess (auch: Geldfluss):
    Der Handel bezahlt seine Eingangsrechnungen und erhält Geld vom Endkunden. Dabei übernehmen unterschiedliche Elemente des Geldflusses eine wichtige Funktion: Bare/unbare Zahlung, Kassensysteme, Homebanking, EC-Kartensysteme, Payback-Systeme, Fragen der Datensicherheit und des Datenschutzes (Diebstahl/Fälschung von EC-Karten, Kundenkarten u. Ä.). Auch hier kann der Prozess ggf. rückwärts gerichtet sein (Reklamation/Rücknahme, nachträglicher Nachlass, Regressforderung usw.; vgl. oben: Warenfluss). Der Geldfluss kann durch Banken oder Finanzierungssysteme unterstützt werden (Konsumentenkredit über Banken, Handel oder Hersteller; Ratenzahlungsvereinbarungen; Kauf oder Leasing u. Ä.).Warenfluss und Geldfluss können simultan erfolgen (Barkauf: Geld gegen Ware); oder auch zeitlich versetzt sein (Ratenkauf, Kreditkauf, Bezahlung mit Kundenkarte/EC-Karte). Im letzteren Fall können Fragen der Kreditwürdigkeit und der Eigentumssicherung eine Rolle spielen (Eigentumsvorbehalt, Pfandrecht, Bonität des Kunden usw.).

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  3. Eigentumsprozess (auch: Eigentumsfluss):
    Übergang des Eigentums von einem Teilnehmer des Distributionsprozesses zum anderen.

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  4. Informationsprozess (auch: Informationsfluss):
    Der Informationsfluss lässt sich unterteilen in den warenbezogenen und den sonstigen Informationsfluss.

    Warenbezogener Informationsfluss:
    Für ein funktionierendes Warenwirtschaftssystem muss die Ware eindeutig gekennzeichnet werden (Menge, Preis, Haltbarkeitsdatum u. Ä.). Der Handel setzt dabei verschiedene Systeme der Datenerfassung und -übertragung ein (z. B. Barcode, RFID). Zur Optimierung der Prozesskette ist es heute in weiten Bereichen gelungen, die Warenkennzeichnung zwischen den einzelnen Distributionsstufen zu vereinheitlichen. Auch setzt der Handel leistungsfähige Systeme der Warenidentifizierung ein (EAN, SSCC usw.).

    Sonstiger Informationsfluss:
    Der Handel ist bestrebt, von den vor- und nachgelagerten Teilnehmern des Distributionsprozesses Informationen zu erhalten, die nicht direkt warenbezogen sind. So wird z. B. angestrebt, über Preisausschreiben die persönlichen Daten, Vorlieben und Verkaufsverhalten des Kunden in Erfahrung zu bringen und datenmäßig zu verdichten. Ähnliche Informationen können über Payback-Karten und Kundenkarten gewonnen werden. Im Onlinehandel sind diese Ziele bereits vielfach realisiert (vgl. eBay, amazon). Energisch wendet sich der Verbraucherschutz gegen Selbstzahlerkassen, weil hier eine eindeutige Verknüpfung zwischen dem gekauften Warensortiment und einem identifizierten Kunden hergestellt werden kann.

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