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Vertriebssteuerung

Vertriebsstrategien unter dem Aspekt Kundengewinnung und –bindung

01. Was versteht man unter „Efficient Consumer Response“ (ECR)?

Efficient Consumer Response (ECR; Effiziente Konsumentenresonanz) ist die ganzheitliche Betrachtung der Wertschöpfungskette vom Hersteller über den Handel bis hin zum Kunden. Ziel ist dabei, die Wünsche des Kunden in Erfahrung zu bringen und bestmöglich zu befriedigen – unter Beachtung der Kosten. Dabei müssen sowohl die Waren- als auch die Informationsströme zwischen Hersteller, Handel und Kunde untersucht werden.

Hinweis

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Weitere Informationen finden Sie in den Kapiteln Marktsegmentierung und CRM als Marketinginstrument.

02. Welche Erkenntnisse gibt es über Prozesse der Kundengewinnung und Kundenbindung?

Dazu einige Thesen und Erkenntnisse der Marktforschung:

  1. Ein erfolgreiches Handelsunternehmen ist ein kundenorientiertes Unternehmen. Kundenorientierung bedeutet Serviceorientierung und Problemlösung. Im Mittelpunkt der Marketingaktivitäten stehen die Bedürfnisse des Kunden.

    Merke

    Hier klicken zum AusklappenDer Kunde will kein Produkt kaufen, sondern er sucht eine Problemlösung. Beispiele: Die Hausfrau will keine Waschmaschine, sondern saubere Wäsche. Der Hauseigentümer möchte keine Dachrinne, sondern die Ableitung des Regenwassers.
  2. Kundenzufriedenheit ist der Schlüssel zur Kundenbindung. Kundenzufriedenheit hängt von den Erwartungen der Kunden ab. Das heißt für jedes Unternehmen, dass es die Erwartungen seiner Kunden in Erfahrung bringen muss, um darauf entsprechend reagieren zu können. Der angebotene Service richtet sich nach der Zielgruppe (Marktsegmentierung).

  3. Stammkunden sind tendenziell weniger preissensibel als Neukunden.

  4. Je länger eine Kundenbindung besteht, desto höher ist die Bereitschaft des Kunden „zu verzeihen“, wenn der Service einmal nicht den Erwartungen entspricht.

  5. Generell erwarten Kunden Freundlichkeit und Effizienz sowie eine schnelle und zuvorkommende Bedienung.

Beispiel

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(Fast) jeder weiß beim Einkauf von Getränken und Backwaren an der Tankstelle, dass hier das Preisniveau für Lebensmittel besonders hoch ist. So kostet z. B. eine Packung Fisherman's Friend durchschnittlich 1,45 €, während man für die gleiche Ware in der Drogerie ca. 0,99 € bezahlt – ein Zuschlag von fast 50 % (Stichprobe der Autoren).

Es geht hier nicht darum, sich über die Preispolitik der Mineralölkonzerne zu entrüsten, sondern das Beispiel zeigt die Bedürfnisse des Kunden, denen hier entsprochen wird: Die Tankstellen haben sehr lange Öffnungszeiten; der Kunde muss seine knappe Zeit nicht disponieren; er kauft dann ein, wenn er das Bedürfnis hat; überwiegend ist das Verkaufspersonal freundlich und der Einkauf wird schnell ausgeführt. Mittlerweile hat sich gezeigt, dass die Tankstellenpächter ihren „eigentlichen Gewinn“ über den Mini-Markt erwirtschaften und nicht über den Verkauf von Treibstoffen.

03. Was versteht man unter Marktsegmentierung? Welche Vorteile sind damit verbunden?

Marktsegmentierung ist die Aufteilung des Gesamtmarktes in genau definierte Teilmärkte (= Marktsegmente; Stichwort: relevanter Markt). Sie erfolgt z. B. nach folgenden Merkmalen:

Kriterien der Marktsegmentierung

Geografische Merkmale:

  • Stadt

  • Stadtteile

  • Regionen

  • Bundesland

  • Nord/Süd

usw.

Soziodemografische Merkmale:

  • Geschlecht

  • Alter

  • Familienstand

  • Berufsgruppe

  • Wohnsituation

u. Ä.

Psychografische Merkmale:

  • Herkunft

  • Lebensstil

  • Lebensgewohnheiten

  • soziale Gruppe/Schicht

  • Interessen/Freizeit

usw.

Verhaltensmerkmale:

  • Traditionsbewusstsein

  • Einstellungen

  • Verhaltens- und Wertemuster

  • Produkt-/Markentreue

Medienorientierte Merkmale:

  • Zeitungsleser

  • Internetnutzer

  • Radiohörer

Vorteile der Marktsegmentierung:

  • differenzierter Einsatz des Marketing-Mix

  • spezielles Eingehen auf Kundenbedürfnisse

  • präzise Markterfassung und -prognose möglich

  • präzise Marktabgrenzung möglich

  • Abgrenzung zum Wettbewerber.

Die Marktsegmentierung nach relevanten Merkmalen ist Grundlage der Zielgruppenbestimmung. Als Zielgruppe bezeichnet man eine relativ homogene Gruppe existierender oder potenzieller Kunden, die mit einem Produkt oder einem bestimmten Marketingkonzept angesprochen werden soll. Ein Problem liegt in der Dynamik der Zielgruppe (sie verändert sich im Zeitablauf: Gewohnheiten, Geschmack u. Ä.).

04. Welche Möglichkeiten bestehen, eine bestimmte Zielgruppe direkt anzusprechen?

Aufgrund der charakteristischen Merkmale einer Zielgruppe (vgl. Frage 03.) können spezielle Marketingaktionen für diese entwickelt werden.

ZielgruppeMarketingaktion (Beispiele)
Hauseigentümer, HausbauerHausmesse im Baumarkt (im Fachhandel, in der Fußgängerzone, im Einkaufscenter): Produktvorführungen, Fragebogen, Verlosung (mit Adressengewinnung)
AutokäuferEvent: „Das neue XYZ-Cabrio steht zur Probefahrt für Sie bereit!“; Probefahrt, Wirkung des neuen Modells auf den Käufer, Fragebogenaktion, Verlosung, Aktionen für Kinder usw.
HausfrauenVorführung von Küchengeräten
Schaukochen und Verkostung
Hersteller zeigen neue Küchenmodelle (und fragen nach Verbrauchergewohnheiten); Test neuer Produktentwicklungen
Vorführung von Elektrogeräten (Waschmaschine, Trockner, Geschirrspüler); ggf. im Verbund mit Waschmittelhersteller
Frauen (in bestimmten Altersgruppen)Modeschauen mit Unterhaltungswert und Moderation
„Heute große Modenschau für die mollige Dame!“
„Was trägt man darunter? Wir zeigen es Ihnen!“ Modells präsentieren in stilvoller Umgebung Dessous für den gehobenen Anspruch.

05. Welche Zielsetzung verfolgen Hersteller mit der Etablierung von sogenannten Flagshipstores?

Flagshipstores (Vorzeigeläden) sind Ladenlokale mit großer Verkaufsfläche in 1a-Lagen von Großstädten. Hier will der Hersteller sein gesamtes Sortiment in hervorragender Warenpräsentation darbieten und so Image, Markenbildung und Absatz fördern.

Weiterhin erreicht der Hersteller damit direkten Kundenkontakt und kann die gewonnenen Informationen für seine Zwecke nutzen, z. B.:

  • Test der Kundenreaktion auf neue Produkte

  • Zwecke der Marktforschung

  • Dialog mit dem Kunden.

06. Welche neuen Medien werden heute im Vertrieb eingesetzt und können zur Kundenbindung beitragen?

MediumVorteileNachteile
Direktmarketing (Direktmailing)direkte, individuelle Ansprache mit Adresse und ggf. ZusatzdatenStreuverluste
TelefonmarketingKontaktbrücke, Informationsgewinnungrechtliche Grenzen; vgl. UWG zu Telefonwerbung
Einrichten einer Hotline für Kundendienst/Service und Beschwerdemanagementschneller Kontakt, Beschwerdemanagement, Kundenzufriedenheitkostenintensiv, verlangt geschultes Personal, Kundenunzufriedenheit bei „Telefon-Schleifen“ (Wartezeit)
Bestell-, Liefer-, Rücknahmeservice per Telefonkundenorientiert, schnellpersonalintensiv
Telefaxeffizient, kostengünstigrechtliche Grenzen, i. d. R. nur bei bestehenden Kontakten
Homepage im Internet (Online-PR)Image, weltweit, kostengünstigpermanente Aktualisierung erforderlich
E-Mailschnell, kostengünstigrechtliche Grenzen, i. d. R. nur bei bereits bestehender Geschäftsbeziehung
Web-TVinteraktiv, weltweitnoch geringere Verbreitung
Payback-SystemPer Kundenkarte werden Bonuspunkte gutgeschrieben.erlaubt gezielte Kundenansprache und Sonderaktionen
VIP-Bereich für Online-BestellerKundenkarteninhaber erhalten Zugang zu gesonderten Angeboten.Nicht-VIP könnten sich diskriminiert fühlen.

07. Welche Bedeutung hat Unique Selling Proposition (USP)?

Mit Unique Selling Proposition (USP; Alleinstellungsmerkmal) bezeichnet man die herausragende Eigenschaft eines Produkts. Es erscheint damit einzigartig und ist den Wettbewerbsprodukten überlegen. Der USP kann sich begründen auf Form, Farbe, Gebrauchseigenschaft, Problemlösung für den Kunden, Kundennutzen oder kann sich aus der Kombination mehrerer Eigenschaften ergeben. In der Einführungs- und Wachstumsphase ergeben sich daraus für das Unternehmen Vorteile: Umsetzen einer Hochpreisstrategie und hoher Werbeeffekt, der sich auf die Besonderheit des Produkts konzentriert und daher gut in der Werbebotschaft transportiert werden kann.

Mit dem Eintritt von Me-too-Produkten kann das Erzeugnis über das Alleinstellungsmerkmal nicht mehr werblich angeboten werden; man würde sich sonst unglaubwürdig machen. Es bleibt in der Sättigungsphase nur noch der Rückzug auf den Preis (monetärer USP) oder auf das am Markt erworbene Image (psychologischer USP).

Produkte mit einem Alleinstellungsmerkmal sollten folgende Anforderungen erfüllen:

  • wichtig
    Das Produkt liefert der Zielgruppe einen wertvollen Nutzen.
    präventiv Das Produkt kann nicht leicht kopiert werden.

  • überlegen
    Das Produkt ist in der Bedürfnisbefriedigung anderen überlegen.

  • erschwinglich
    Das Produkt ist erschwinglich.

  • profitabel
    Das Produkt kann Gewinn bringend vermarktet werden.

  • unterscheidbar
    Das Produkt hebt sich eindeutig von anderen ab.

  • vermittelbar
    Die besonderen Eigenschaften können am Markt vermittelt werden.

08. In welchen Schritten wird ein Vertriebskonzept erstellt und umgesetzt?

Das Vertriebskonzept ist eine strategische Entscheidung und muss daher in die generelle Marketingstrategie eingebunden sein.

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