Inhaltsverzeichnis
- Investitionsplanung und -rechnung
- Investition
- 01. Wie ist der Zusammenhang von Finanzierung und Investition?
- 02. Wie werden Investitionen unterschieden?
- 03. Welche Bedeutung hat die Investitionsplanung?
- 04. Welche Handlungsschritte umfasst die Investitionsplanung?
- 05. Was wird im Investitionsplan dargestellt?
- 06. Welche Phasen der Investitionsentscheidung lassen sich unterscheiden?
- 07. Welche Kriterien sind zur Beurteilung einer Investition geeignet?
- Investitionsrechenverfahren
- Arten der Investitionsrechenverfahren (Vergleich)
- 01. Welche generellen Unterschiede bestehen zwischen statischen und dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung?
- Statische Investitionsrechnung
- 01. Welche statischen Verfahren der Investitionsrechnung gibt es?
- 02. Welches Ziel hat die Kostenvergleichsrechnung?
- 03. Welche Varianten der Kostenvergleichsrechnung sind vorherrschend?
- 04. Wie wird die Gewinnvergleichsrechnung durchgeführt?
- 05. Welchen Aussagewert hat die Rentabilitätsvergleichsrechnung?
- 06. Welchen Aussagewert hat die Amortisationsvergleichsrechnung?
- Dynamische Investitionsrechnung
- 01. Welche Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung gibt es?
- 02. Was versteht man unter Aufzinsung und Abzinsung?
- 03. Wie ist die Berechnungsweise bei der Kapitalwertmethode?
- 04. Wie ist die Berechnungsweise bei der Annuitätenmethode?
- 05. Wie ist die Berechnungsweise bei der internen Zinsfußmethode?
- Wirtschaftliche Nutzungsdauer
- 01. Was versteht man unter der wirtschaftlichen Nutzungsdauer eines Investitionsobjektes?
- 02. Wie lässt sich die wirtschaftliche Nutzungsdauer ermitteln?
- 03. Wie wird die wirtschaftliche Nutzungsdauer bei einer einmaligen Investition berechnet?
- 04. Wie wird die wirtschaftliche Nutzungsdauer bei einer unendlichen Investitionskette berechnet?
- 05. Welche Nachteile hat die Berechnung der optimalen Nutzungsdauer?
- 06. Welche Faktoren bestimmen den optimalen Ersatzzeitpunkt?
Investitionsplanung und -rechnung
Investition
01. Wie ist der Zusammenhang von Finanzierung und Investition?
Finanzierung im engeren Sinne ist die Beschaffung von Geldkapital, das zur Leistungserstellung benötigt wird (→ Passivseite der Bilanz: Mittelherkunft).
Finanzierung im weiteren Sinne umfasst neben der Kapitalbeschaffung auch die Steuerung der Zahlungsströme und die Kapitaldisposition/-politik (Kapitalumschichtung/-rückzahlung).
Investition ist die Verwendung finanzieller Mittel für Vermögensteile. Sie zeigt sich, in den Positionen Anlage- und Umlaufvermögen auf der Aktivseite der Bilanz.
Zusammenhang zwischen Finanzierung und Investition:
Beide Seiten der Bilanz sind also gleich groß. Es ist Aufgabe der Finanzierung, das Kapital zu beschaffen, das für die Investition benötigt wird.
02. Wie werden Investitionen unterschieden?
Investitionsarten | ||
Merkmal | Bezeichnung | Beispiele |
Investi- | Sachinvestitionen Beschaffung von Sachanlagevermögen und Sachgütern (Teile des Umlaufvermögens) | Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Anlagen, Vorräte, Werkzeuge |
Finanzinvestitionen Beschaffung von Forderungs- oder Beteiligungsrechten | Wertpapiere, Aktien, Geschäftsanteile, Rentenpapiere, Obligationen | |
Immaterielle Investitionen Ausgaben zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit | Ausgaben für folgende Bereiche, z. B.:
| |
Investitionszweck | Nettoinvestitionen Gründungsinvestitionen Erweiterungsinvestitionen | erstmalig bei Gründung/Kauf Schaffung zusätzlicher Kapazitäten |
Reinvestitionen Ersatzinvestitionen Rationalisierungsinvestitionen Umstellungsinvestitionen Diversifizierungsinvestitionen Sicherungsinvestitionen | Wiederholung Beschaffung von Investitionsgütern gleicher Art Beschaffung von Investitionsgütern mit verbesserter Technologie mengenmäßige Veränderung in der Fertigung Veränderung im Fertigungsprogramm zur Existenzabsicherung, z. B. Beteiligung, Unternehmenserwerb, Erschließung neuer Absatzmärkte | |
Desinvestitionen | Verkauf von (stillgelegten) Maschinen/Anlagen | |
Bruttoinvestitionen = Nettoinvestitionen + Reinvestitionen |
03. Welche Bedeutung hat die Investitionsplanung?
Die Investitionsplanung als Teilplanung der Unternehmensplanung ist die gedankliche Vorwegnahme der unternehmerischen Aktivitäten zur künftigen Erhöhung der betrieblichen Leistungs- und Absatzmöglichkeiten durch Investitionsobjekte und deren finanzieller Sicherung.
Ihre Bedeutung ergibt sich aus der Wirkung der Investition auf die finanzwirtschaftliche Situation des Unternehmens z. B. durch langfristige Kapitalbindung, Veränderung der Kostenstruktur, durch die Finanzierungsmöglichkeit sowie durch die Veränderung der materiellen Anlagen und Ausrüstungen im Sinne des technischen Fortschritt. Sie kann je nach Zeitraum als strategische, taktische und operative Investitionsplanung angelegt sein.
04. Welche Handlungsschritte umfasst die Investitionsplanung?
Die Investitionsplanung umfasst die Ermittlung des erforderlichen Investitionsbedarfs, die Feststellung der Investitionen nach Art, Anzahl und Preis, die Beurteilung ihrer Notwendigkeit, Eignung und die Abwägung möglicher Alternativen ebenso wie die Ermittlung des dafür benötigten Kapitalbedarfs. Die Ergebnisse werden im Investitionsplan dargestellt, der u. a. als Grundlage für die Investitionsentscheidung dient.
05. Was wird im Investitionsplan dargestellt?
Im Investitionsplan werden die Ausgaben für Investitionsmaßnahmen – in der Reihenfolge ihrer Priorität – tabellarisch dargestellt. Der Investitionsplan ist dem Finanzplan (auch: Finanzierungsplan) gegenüberzustellen.
Übersteigt der Wert der gewünschten Investitionsvorhaben die Finanzierungsmöglichkeiten, so ist zu entscheiden, welche Vorhaben zurückzustellen sind bzw. auf welche Vorhaben verzichtet wird.
06. Welche Phasen der Investitionsentscheidung lassen sich unterscheiden?
Mit der Investitionsentscheidung wird festgelegt, welche der Investitionsobjekte, die die geforderten Kriterien erfüllen, realisiert werden sollen. Voraussetzung für eine sichere Entscheidung sind die Zuverlässigkeit der zugrunde gelegten Ausgangsdaten, die gewählten Bewertungskriterien und Bewertungsmethoden.
Die Entscheidungsfindung geschieht in mehreren Phasen. Gewöhnlich werden sie eingeteilt in: Anregungs-, Such-, Entscheidungs- und Kontrollphase (die Bezeichnung und Anzahl der Phasen sind in der Literatur uneinheitlich).
Phasen der Investitionsentscheidung | |
Anregungs-phase | Es werden die unternehmensinternen Anregungen aus den Unternehmensbereichen (z. B. zur Produktionserhöhung, Kostensenkung, Qualitätsverbesserung) und die unternehmensexternen Anregungen, die von Marktpartnern wie z. B. Händler, Kunden, Banken und auch vom Gesetzgeber kommen, mit aussagefähiger Beschreibung zur Dringlichkeit und den erwarteten Vor- und Nachteilen erfasst. |
Suchphase | Es werden die Bewertungskriterien festgelegt. Dabei wird zwischen quantitativen und qualitativen Bewertungskriterien unterschieden:
In dieser Phase wird auch nach eventuellen Alternativlösungen gesucht. |
Entscheidungs-phase | Es werden die mit den Investitionsrechnungsmethoden bzw. der Nutzwertrechnung ermittelten Werte zusammengeführt und gewichtet. Daraus wird die Alternative mit dem höchsten oder niedrigsten Nutzwert, je nach Skala, als die optimale Investition bestimmt. |
Durchführungs-phase | Beginn der Vorbereitung und der Investitionsrealisierung |
Kontrollphase | Durch Soll-Ist-Vergleiche wird kontrolliert, ob es Abweichungen zu den geplanten Daten gibt. Auf Abweichungen muss mit entsprechenden Maßnahmen reagiert werden. Das Ergebnis der Analyse fließt auch als Erfahrungswert in die Planung zukünftiger Investitionsvorhaben ein, z. B. als Verbesserung der Planansätze. |
07. Welche Kriterien sind zur Beurteilung einer Investition geeignet?
Quantitative Beurteilungskriterien
- 1.1
Statische Betrachtungsgrößen:
► Kosten der Investition → Kostenvergleichsrechnung ► Gewinn der Investition → Gewinnvergleichsrechnung ► Rentabilität: = Relation von Gewinn und Kapitaleinsatz
→ Rentabilitätsvergleichsrechnung ► Amortisationszeit: = in welcher Zeit die Überschüsse aus der Investition den Kapitaleinsatz decken
→ Amortisationsvergleichsrechnung - 1.2
Dynamische Betrachtungsgrößen:
► Kapitalwert → Kapitalwertmethode ► interner Zinsfuß → Interne Zinsfußmethode ► Annuität → Annuitätenrechnung ► Amortisationszeit → Dynamische Amortisationsrechnung
Qualitative Beurteilungskriterien
- 2.1
Wirtschaftliche Betrachtungsgrößen, z. B.:
Garantieleistung, Kulanz und Zuverlässigkeit des Herstellers
Kundendienst des Herstellers (z. B. Erreichbarkeit)
Risiken der Investition, z. B.:
langfristige Entscheidung
langfristige, hohe Kapitalbindung
Gefahr der Überalterung
Image
- 2.2
technische Betrachtungsgrößen, z. B.:
Stand der Technik der Anlage
Störanfälligkeit der Anlage
Leistungsdaten der Anlage
Dimension der Anlage
Beachtung notwendiger Nebenbedingungen (Begrenzungsfaktoren), z. B.:
Umweltverträglichkeit, z. B. Emissionen
Arbeitsschutz-/Arbeitssicherheitsaspekte
technische Vorschriften
Genauigkeitsgrad, technische Daten
Kapazitätsreserven
im Betrieb vorhandene Energieversorgung
Anpassung an vorhandene Anlagen (Prozessintegration)
Lieferzeit.
Investitionsrechenverfahren
Arten der Investitionsrechenverfahren (Vergleich)
01. Welche generellen Unterschiede bestehen zwischen statischen und dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung?
Verfahren der Investitionsrechnung – Vergleich | |
Statische Verfahren
| Dynamische Verfahren
|
Statische Investitionsrechnung
01. Welche statischen Verfahren der Investitionsrechnung gibt es?
02. Welches Ziel hat die Kostenvergleichsrechnung?
Die Kostenvergleichsrechnung hat das Ziel, die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit von Investitionen zu überprüfen. Es werden die Kosten von zwei oder mehreren Investitionsobjekten/Verfahren gegenübergestellt und verglichen. Dasjenige Investitionsobjekt/Verfahren ist vorteilhafter, bei dem die Kosten geringer sind.
Relevant sind folgende Kostenkomponenten:
Durchschnittliche kalkulatorische Abschreibung:
Der Kapitalverzehr wird auf ein Jahr bezogen (lineare AfA).
$$AfA = \frac{AW – RW}{n}$$
n = Nutzungsdauer in Jahren AfA = ø (lineare) Abschreibung pro Jahr AW = Anschaffungswert RW = Restwert Durchschnittliche kalkulatorische Zinsen:
Sie werden auf das während der Nutzungsdauer durchschnittlich gebundene Kapital bezogen.
$$Z = \frac{AW + RW}{2}\;\cdot\; i$$
Z = Zinsen i = Kalkulationszinssatz in Dezimalform Die durchschnittliche Kapitalbindung pro Jahr besteht aus der Summe des Restwertes und den halben (um den Restwert verminderten) Anschaffungskosten. Dies entspricht der durch 2 dividierten Summe von Anschaffungswert und Restwert.
Beweis:
$$durchschnittliche\; Kapitalbindung = RW + \frac{AW – RW}{2}$$
$$2 \;\cdot\; durchschnittliche\; Kapitalbindung = 2\; RW + AW – RW$$
$$durchschnittliche\; Kapitalbindung = \frac{AW + RW}{2}$$
Durchschnittliche sonstige Fixkosten pro Jahr:
Dies sind alle Kosten, die mit dem Betrieb des Investitionsobjekts zusammenhängen, jedoch unabhängig von dessen Auslastung entstehen.
Durchschnittliche variable Kosten pro Jahr:
$$K_{v} = x \;\cdot\; k_{v}$$
$$K_v$$ = variable Kosten $$x$$ = Ausbringungsmenge $$k_v$$ = variable Stückkosten Aus der Summe der unter Punkt 1. bis 4. aufgeführten Kosten ergeben sich die entscheidungsrelevanten Kosten als ø-Kosten pro Jahr.
03. Welche Varianten der Kostenvergleichsrechnung sind vorherrschend?
Kostenvergleichsrechnung | ||
Varianten | Situation | Auswahlentscheidung |
Variante 1 | Kostenvergleich identischer Anlagen: Die Kapazitätsnutzung (Leistungsgrad) der betrachteten Anlagen ist gleich. | Kostenvergleich pro Periode |
Variante 2 | Kostenvergleich nicht identischer Anlagen: Die Kapazitätsnutzung (Leistungsgrad) der betrachteten Anlagen ist verschieden. | Kostenvergleich pro Leistungseinheit (Stückkostenvergleich) |
Variante 3 | Kritische Menge: Die Kapazität der betrachteten Anlagen ist gleich oder verschieden; der zukünftige Leistungsgrad ist ungewiss. | Bestimmung der kritischen Menge durch Vergleich der Gesamtkosten, die in fixe und variable Kosten zerlegt werden. |
Variante 4 | Kostenvergleich bei der Ersatzinvestition: Weiterbetrieb Altanlage oder Beschaffung Neuanlage | KostenNeuanlage < Kosten Altanlage
Kosten Neuanlage: Betriebskosten, kalkulatorische Abschreibung und kalkulatorische Zinsen Kosten Altanlage: Betriebskosten, Zinsverlust und Restwertminderung bei Verschiebung des Verkaufs |
Variante 5 | Make-or-Buy: Eigenfertigung versus Fremdbeschaffung | Eigenfertigung: fixe und variable Kosten Fremdbeschaffung: variable Kosten Ermittlung der kritischen Menge |
Allgemein gilt für die Grenzstückzahl bzw. kritische Menge (vgl. Variante 3):
rechnerisch:
$$Kritische\; Menge = \frac{Fixkosten_2 – Fixkosten_1}{var.\; Stückkosten_1 – var.\; Stückkosten_2}$$
$$x = \frac{K_{f2} – K_{f1}}{k_{v1} – k_{v2}}\; bzw.\; \frac{K_{f1} – K_{f2}}{k_{v2}– k_{v1}}$$
grafisch:
04. Wie wird die Gewinnvergleichsrechnung durchgeführt?
Die Gewinnvergleichsrechnung ergänzt die Kostenvergleichsrechnung um die Größe „Erlöse“ und ist damit aussagefähiger. Zu wählen ist diejenige Investition, die den größten durchschnittlichen Gewinn erzielt. Bei gleichen Erlösen pro Leistungseinheit für beide Investitionsobjekte kommt sie selbstverständlich zur gleichen Bewertung wie die Kostenvergleichsrechnung. Die Gewinnvergleichsrechnung setzt voraus, dass die erzielbaren Erlöse je Investitionsalternative über den gesamten Planungszeitraum ermittelt werden können.
Der Gewinn ergibt sich als Differenz von Umsatzerlösen und Kosten:
$$G = U – K$$
$$G = p \;\cdot\; x\; – K_{f}\; – k_{v} \;\cdot\; x$$
$$U$$ | = Umsatz |
$$K$$ | = Gesamtkosten |
$$K_f$$ | = Fixkosten |
$$k_v$$ | = variable Stückkosten |
$$x$$ | = Menge |
$$p$$ | = Verkaufspreis |
Bei einer Einzelinvestition gilt:
Die Vorteilhaftigkeit ist gegeben, wenn der Gewinn positiv ist bzw. ein bestimmter Mindestgewinn erreicht wird:
G > 0 bzw. G ≥ Mindestgewinn
Beim Vergleich von zwei oder mehreren Investitionsobjekten gilt:
Es wird die Investition mit dem größeren Gewinn gewählt.
$$G_I > G_{II}$$
→ Anlage I ist vorteilhafter.
$$G_{II} > G_I$$
→ Anlage II ist vorteilhafter.
Bei der Lösung eines Ersatzproblems (optimaler Ersatzzeitpunkt) werden die Gewinne der alten Anlage denen der neuen gegenübergestellt.
05. Welchen Aussagewert hat die Rentabilitätsvergleichsrechnung?
Es gilt:
$$Rentabilität\; R = \frac{Gewinn}{ø\; Kapitaleinsatz} \;\cdot\; 100$$
Anstelle des Gewinns können bei Rationalisierungsinvestitionen die Minderkosten eingesetzt werden. Je nach betrieblicher Besonderheit kann die Gewinngröße durch den Begriff „Betriebsergebnis“ ersetzt werden.
Der durchschnittliche Kapitaleinsatz wird i. d. R. wie folgt ermittelt:
Berechnung des durchschnittlichen Kapitaleinsatzes Wertansatz Erläuterung Anschaffungswert Damit wird nur die Rentabilität des ersten Nutzungsjahres berechnet. $$\frac{Anschaffungswert + Restwert}{2}$$
=
$$\frac{AW + RW}{2}$$
oder:
$$\frac{Wiederbeschaffungswert + Restwert}{2}$$
=
$$\frac{WW + RW}{2}$$
Um steigende Rentabilitäten durch abnehmende Buchwerte am Ende des Jahres zu vermeiden, setzt man einen Durchschnittswert an. Bei einer Einzelinvestition gilt:
Die Vorteilhaftigkeit ist gegeben, wenn die Rentabilität R eine bestimmte subjektive Mindestverzinsung erreicht oder überschreitet.
R ≥ Mindestverzinsung
Beim Vergleich von zwei oder mehreren Investitionsobjekten und beim Ersatzproblem gilt:
Es wird die Investition mit der höheren Rentabilität gewählt. Auf Objekte, deren Rendite die geforderte Mindestverzinsung nicht erreicht, sollte verzichtet werden.
$$R_I > R_{II}$$ → Anlage I ist vorteilhafter.
$$R_{II} > R_I$$ → Anlage II ist vorteilhafter.
06. Welchen Aussagewert hat die Amortisationsvergleichsrechnung?
Die Amortisationsvergleichsrechnung (auch: Kapitalrückflussmethode, Payback-Methode/Payoff-Methode) gehört ebenfalls zu den statischen Verfahren der Investitionsrechnung und baut auch auf den Ergebnissen der Kostenvergleichs- bzw. Gewinnvergleichsrechnung auf.
Die Vorteilhaftigkeit einer Investition wird an der Kapitalrückflusszeit tw gemessen (Amortisationszeit = die Zeit, in der das eingesetzte Kapital wieder in das Unternehmen zurückgeflossen ist). Je geringer die Kapitalrückflusszeit ist, desto vorteilhafter wird das Investitionsvorhaben beurteilt.
Bei einer Einzelinvestition gilt:
Die Vorteilhaftigkeit ist gegeben, wenn die Amortisationszeit tw einen bestimmten Zeitwert t* nicht überschreitet:
$$t_w ≤ t^*$$
Beim Vergleich von zwei oder mehreren Investitionsobjekten gilt:
Es wird die Investition mit der geringeren Kapitalrückflusszeit gewählt. Auf Objekte, deren Amortisationsdauer den geforderten Zeitwert t* überschreitet, sollte verzichtet werden.
$$t_{w_{I}} < t_{w_{II}}$$ → Anlage I ist vorteilhafter.
$$t_{w_{II}} < t_{w_{I}}$$ → Anlage II ist vorteilhafter.
Man unterscheidet zwei Berechnungsmethoden:
Durchschnittsmethode:
$$Kapitalrückflusszeit\; (Jahre) = \frac{Kapitaleinsatz}{ø\;Return}$$
Als Kapitaleinsatz wird i. d. R. der Anschaffungswert AW, vermindert um den Restwert RW, verwendet.
Häufig werden die Einzahlungsüberschüsse p. a. als durchschnittlicher Return (Rückfluss) angesetzt.
Als Größe für den ø Return wird die Summe aus (ø Gewinn + jährliche Abschreibungen) genommen.
Es gilt also:
$$Kapitalrückflusszeit\; (Jahre)$$ $$= \frac{Anschaffungswert – Restwert}{ø\;Gewinn + Abschreibungen\; (p. a.)}$$
$$t_{w} = \frac{AW – RW}{G + AfA}$$
Beispiel
Es werden zwei Anlagen miteinander verglichen; es liegen folgende Zahlen vor (in €):
Anlage I Anlage II Anschaffungskosten 100.000 200.000 Wiederbeschaffungswert 151.336 200.000 Restwert 0 20.000 Abschreibungen 21.182 20.000 Periodengewinn vor Steuern 13.905 21.525 $$t_{w_{I}} = \frac{100.000 – 0}{13.905 + 21.182} = 2,85\; Jahre$$
$$t_{w_{II}} = \frac{200.000 – 20.000}{21.525 + 20.000} = 4,33\; Jahre$$
Ergebnis: $$t_{w_{I}} < t_{w_{II}}$$ d. h. aus der Sicht der Kapitalrücklaufzeit ist die Anlage I vorteilhafter.
Kumulationsmethode:
Die geschätzten jährlichen Zahlungsströme werden solange aufaddiert, bis der Kapitaleinsatz erreicht ist. Die Kumulationsrechnung ist genauer, da sie nicht mit einem repräsentativen Mittelwert rechnet, sondern die geschätzten Rückflüsse den einzelnen Jahren gesondert zuordnet.
Beispiel
Für eine Einzelinvestition soll gelten: AW = 80.000 €; RW = 0; n = 5 Jahre. Es werden folgende Rückflüsse pro Jahr geschätzt:
Jahr t1 t2 t3 t4 t5 Kapitalrückfluss 10.000 25.000 45.000 70.000 100.000 Kapitalrückfluss, kumuliert 10.000 35.000 80.000 150.000 250.000 Nach der Kumulationsmethode ergibt sich: $$t_w = t_3$$
Nach der Durchschnittsmethode ist der durchschnittliche Kapitalrückfluss 50.000 (= 250.000 : 5). Daraus ergibt sich:
$$t_{w_{I}} = \frac{80.000}{50.000} = 1,6\; Jahre$$
Dies bedeutet: Wenn die Kapitalrückflüsse eine ungleichmäßige Verteilung innerhalb des Nutzungszeitraums aufweisen, kann die Durchschnittsmethode zu Fehlentscheidungen führen.
Die Ergebnisse der Kumulationsmethode sowie der Durchschnittsmethode können durch Interpolation (= Wert zwischen zwei Werten) verbessert werden. Die lineare Interpolation (regula falsi) benutzt eine Gerade (Zwei-Punkt-Geraden-Gleichung), die eine lineare Näherung an das „eigentliche“ Ergebnis bewirkt. Daraus ergibt sich für ein verändertes Zahlenbeispiel:
Jahr | Nettoeinzahlungen | Kumulierte Nettoeinzahlungen | Kumulierte Nettoeinzahlungen – Anschaffungsauszahlung (AW = 80.000 €) |
t1 | 10.000 | 10.000 | – 70.000 |
t2 | 25.000 | 35.000 | – 45.000 |
t3 | 135.000 | 170.000 | + 90.000 |
t4 | 30.000 | 200.000 | 120.000 |
t5 | 50.000 | 250.000 | 170.000 |
St = Kumulierte Nettoeinzahlungen – Anschaffungsauszahlung am Ende des Jahres t
Bei unregelmäßigen Nettoeinzahlungen sollte die Kumulationsmethode eingesetzt werden. Nach der Kumulationsmethode liegt die Amortisationszeit zwischen dem zweiten und dem dritten Jahr. Die Berechnung erfolgt mit folgender Formel:
$$t_{w} = t_{2} – S_{2}\frac{t_3 – t_2}{s_3 – s_2}$$
Entscheidend ist der Vorzeichenwechsel beim zweiten und dritten Jahr, da die Anschaffungsauszahlung in Höhe von 80.000 € zwischen diesen beiden Jahren liegt.
$$= 2 – (– 45.000) \;\cdot\; \frac{1}{90.000 – (– 45.000)} = 2 + 45.000 \;\cdot\; \frac{1}{135.000} = 2,33\; Jahre$$
Mit der Durchschnittsmethode wird eine Amortisationszeit von 1,6 Jahren erreicht:
$$\frac{250.000 €}{5\; Jahre} = 50.000 €\; p. a.;\; t = \frac{80.000 €\; (AW)}{50.000 €\; pro\; Jahr} = 1,6\; Jahre$$
Durch die Kumulationsmethode in Verbindung mit der linearen Interpolation ergeben sich 2,33 Jahre für die statische Amortisationszeit. Die Durchschnittsmethode unterschätzt die Amortisationszeit um 0,73 Jahre.
Dynamische Investitionsrechnung
01. Welche Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung gibt es?
02. Was versteht man unter Aufzinsung und Abzinsung?
1. Aufzinsung
Wird eine gegenwärtige Zahlung unter Berücksichtigung von Zinseszinsen auf einen zukünftigen Zeitpunkt bezogen, so bezeichnet man dies als Aufzinsung. Die Formel für die Aufzinsung ist:
$$K_{n} = K_{0} \;\cdot\; (1 + i)^{n} = K_{0} \;\cdot\; q^{n}$$
$q^n$ | = Aufzinsungsfaktor |
$K_0$ | = Barwert, Gegenwartswert |
$K_n$ | = Endwert |
Als prominentes Beispiel gilt der Sparbuchfall. In der Gegenwart werden 10.000 € (K0 = Barwert) zu 5 % über einen Zeitraum von 10 Jahren (inkl. Zinseszins) angelegt. Welcher Endwert resultiert daraus?
$$Berechnung:\; K_{10} = 10.000\;€ \;\cdot\; (1 + 0,05)^{10} = 16.288,95\;€$$
Es ergibt sich ein Endwert i. H. v. 16.288,95 €.
2. Abzinsung
$t_n$ | = Zeitpunkt n |
$K_0$ | = Barwert, Gegenwartswert |
$K_n$ | = Endwert |
Wenn der Gegenwartswert K0 von Ein- und Auszahlungen der Perioden 1 bis n oder des Endwertes einer Zahlungsreihe berechnet wird, dann wird dies als Abzinsung bezeichnet. Durch die Abzinsung auf die Basisperiode 0 sind die Ein- und Auszahlungen einer Zahlungsreihe vergleichbar.
Die Formel für die Abzinsung lautet:
$$K_{0} = \frac{K_n}{(1 + i)^n} = \frac{K_n}{q^n}$$
$$\frac{1}{q^n} = Abzinsungsfaktor$$
Merke
Abzinsungsfaktoren sind kleiner 1; Aufzinsungsfaktoren sind größer 1. Zwischen beiden Faktoren besteht die mathematische Beziehung:
$$Abzinsungsfaktor = 1\; :\; Aufzinsungsfaktor$$
$$0,783526 = \frac{1} {1,276282} $$
bei Zinssatz p = 5 % → i = 0,05; n = 5 Jahre
Diese Faktoren immer mit 6 Stellen nach dem Komma angeben.
03. Wie ist die Berechnungsweise bei der Kapitalwertmethode?
Die Kapitalwertmethode basiert auf der Überlegung, die Summe aller Einzahlungen mit der Summe aller Auszahlungen einer Investition zu vergleichen, um daraus eine Entscheidung über die Vorteilhaftigkeit der Investition ableiten zu können. Um eine Vergleichbarkeit der Einzahlungen und Auszahlungen unterschiedlicher Perioden vornehmen zu können, sind die Barwerte K0 zu ermitteln.
Kriterium für die Vorteilhaftigkeit einer Investition ist der Kapitalwert (C0). Er ergibt sich aus der Differenz der Summe der Barwerte aller Einzahlungen (CE) und der Summe der Barwerte aller Auszahlungen (CA), die durch die Investition verursacht werden.
$$C_{0} = C_{E} – C_{A}$$
Anstelle einer separaten Berechnung der Barwerte für Einzahlungen und Auszahlungen wird die Berechnung des Kapitalwertes i. d. R. über die Abzinsung der Nettoeinnahmen eines jeweiligen Jahres E1 – A1, E2 – A2 usw. durchgeführt. Ein evtl. Restwert der Investition RW (Liquidationserlös), der zum Zeitpunkt tn veräußert wird, muss ebenfalls abgezinst werden. Der Anschaffungswert A0 wird von den abgezinsten Nettoeinnahmen subtrahiert.
Der Kapitalwert C0 der Investition ergibt sich als:
$$C_{0} = \frac{E_1 – A_1}{(1 + i)^1} + \frac{E_2 – A_2}{(1 + i)^2} + … + \frac{E_n – A_n}{(1 + i)^n} + \frac{RW}{(1 + i)^n} – A_{0}$$
bzw. für (1 + i)n = qn ergibt sich:
$$C_{0} = \frac{E_1 – A_1}{q^1} + \frac{E_2 – A_2}{q^2} + … + \frac{E_n – A_n}{q^n} + \frac{RW}{q^n} – A_{0}$$
Unterstellt man den Sonderfall, dass die Nettoeinzahlungen in jedem Jahr gleich groß sind, so ergibt sich eine Vereinfachung der Formel:
$$C_{0} = Ü \;\cdot\; \frac{q^n – 1}{q^n\; (q – 1)} + \frac{RW}{q^n} – A_{0}$$
Ü = E – A, konstant
Der Ausdruck
$$\frac{q^n\; – 1}{q^n\; (q\;– 1)}$$
wird als Diskontierungssummenfaktor DSF bezeichnet.
Der DSF wird durch den Kalkulationszinssatz und die Jahre bestimmt.
Eine Investition ist dann vorteilhaft, wenn ihr Kapitalwert C0 gleich Null oder positiv ist. Es sind folgende Fälle zu unterscheiden:
Ist der Kapitalwert gleich Null, so wird gerade noch die (subjektive) Mindestverzinsung erreicht und die Anschaffungsauszahlung gedeckt.
Ist der Kapitalwert positiv, so wird neben der (subjektiven) Mindestverzinsung, der Deckung der Anschaffungsauszahlung, ein zusätzlicher Einzahlungsüberschuss erzielt.
Ein negativer Kapitalwert zeigt, dass die Mindestverzinsung nicht erreicht und die Anschaffungsauszahlung nicht gedeckt wird. Somit liegt eine Unvorteilhaftigkeit der Investition vor.
Im Falle einer Ersatzinvestition wird eine alte Anlage nur dann ausgetauscht, wenn der Kapitalwert gleich Null oder positiv ist.
Bei einer Erweiterungsinvestition ist die Anlage, die unter den vorhandenen Alternativen den höchsten (positiven) Kapitalwert erreicht, die vorteilhafteste.
04. Wie ist die Berechnungsweise bei der Annuitätenmethode?
Die Annuitätenmethode ist praktisch eine Umkehrung der Kapitalwertmethode; dort wurde unterstellt, dass die während der Laufzeit der Investition zu erwartenden Ein- und Auszahlungen bereits bekannt sind. Eine Annuität stellt eine gleichbleibende Zahlung (Rente) dar. Ein Beispiel zur Annuitätenmethode ist eine ausgezahlte Lebensversicherung, die verrentet werden soll.
Im Jahr 00 wird eine Lebensversicherung an Herrn Maier ausbezahlt. Herr Maier wünscht sich eine jährliche Rente und lässt die Lebensversicherungssumme bei einer Bank verrenten.
Barwert K0 = Lebensversicherungssumme im Jahr 00
a = Annuität (Rente), jährlich für die Jahre t1 bis tn
Den Ausdruck
$$\frac{q^n\; (q\; – 1)}{q^n\; – 1}$$
bezeichnet man als Kapitalwiedergewinnungsfaktor KWF.
Der KWF ist der Kehrwert des DSF und hängt vom Kalkulationszinssatz und den Jahren ab.
Die Annuität a wird durch folgende Formel ermittelt:
$$a = K_{0} \;\cdot\; KWF_{n}$$
Der KWF wird dem Tabellenwerk entnommen.
Eine Investition lohnt sich im Rahmen der Annuitätenmethode, wenn die durchschnittlichen Einzahlungen größer oder gleich den durchschnittlichen Auszahlungen sind.
Die Annuitätenmethode kann auch angewandt werden, indem vom Endwert einer Zahlungsreihe ausgegangen wird. Mit dem Restwertverteilungsfaktor RVF werden die Annuitäten erzeugt.
Beispiel
Bsp. 1: Restwertverteilungsfaktor RVF
Die Annuitäten werden ausgehend vom Endwert Kn berechnet (von tn bis t1).
Formel:
$$a = RVF_{n}\; K_{n}$$
$$RVF_{n} = \frac{i}{(1\; + i)^n\; – 1}$$
Bsp. 2:
Ein privater Haushalt beabsichtigt, dass er bei 5 % Kalkulationszinssatz in 10 Jahren 500.000 € als Endwert hat. Wie viel Euro müsste er jährlich sparen?
$RVF_{10} = 0,079505$ (aus dem Tabellenwerk entnehmen oder mit dem Taschenrechner ermitteln)
$a = 0,079505 \;\cdot\; 500.000 € = 39.752,50 €$
Der private Haushalt müsste jährlich 39.752,50 € sparen, damit er bei 5 % Kalkulationszinssatz nach 10 Jahren 500.000 € hat.
05. Wie ist die Berechnungsweise bei der internen Zinsfußmethode?
Die interne Zinsfußmethode ist ebenfalls ein Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung. Man geht im Gegensatz zur Kapitalwertmethode nicht von einer gegebenen Mindestverzinsung aus, sondern ermittelt den Zinssatz, bei dem der Kapitalwert einer Investition gleich Null ist . Dieser Zinssatz wird als interner Zinsfuß r bezeichnet. Auf der Basis des internen Zinsfußes sind die Summen der Barwerte aller Einzahlungen (Ei) und die Summen der Barwerte aller Auszahlungen (Ai) gleich groß. Die Formel der Kapitalwertmethode (vgl. Frage 03) wird gleich Null gesetzt und nach r aufgelöst:
$$Σ\; (E_{i} \;– A_{i}) \;\cdot\; (1\; + r)^{-n} = 0$$
Da die Gleichung für höhere Potenzen mathematisch schwierig zu lösen ist, wird eine Näherungslösung („regula falsi“) mit einer Geradengleichung (Sehne zur Kapitalwertfunktion) eingesetzt.
Rechnerisch ermittelt man den internen Zinsfuß r auf folgende Weise:
Ermittlung der Nettoeinnahmen der Investition
Berechnung des Kapitalwertes C0I unter Annahme des Versuchszinssatzes iI
Berechnung des Kapitalwertes C0II unter Annahme des Versuchszinssatzes iII
Einsetzen der gewonnenen Werte in die nachstehende Formel:
$$r = i_{I} \;– C_{0I} \;\cdot\; \frac{i_{II} \;– i_{I}}{C_{0II} \;– C_{0I}}$$
Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition:
r = interner Zinsfuß,
i = Kalkulationszinssatz (subjektive Mindestverzinsung)
Wenn r = i, dann ist die Investition nach der internen Zinsfußmethode gerade noch vorteilhaft, weil C0 = 0 (siehe Ausführungen zu Frage 03).
Wenn r > i, dann $C_0 > 0$ → Investition ist vorteilhaft.
Wenn r < i, dann $C{_0} < 0$ → Investitionen unvorteilhaft.
Wirtschaftliche Nutzungsdauer
01. Was versteht man unter der wirtschaftlichen Nutzungsdauer eines Investitionsobjektes?
Die wirtschaftliche (auch: optimale, ökonomische) Nutzungsdauer eines Investitionsobjektes ist die Anzahl von Jahren, bei der die Erlöse abzüglich der Kosten zuzüglich dem Restwert noch positiv sind (rein statische Betrachtung, ohne Berücksichtigung einer Verzinsung).
Dazu folgende Modellrechnung (alle Werte in €, netto):
Ein Unternehmen kauft am 01.01. einen Lkw für 120.000 ($A_0$, Anschaffungswert) und erzielt damit Erlöse ($E_i$) pro Jahr von 105.000. Das Fahrzeug wird linear über zehn Jahre abgeschrieben (AfA p. a. = 12.000). Die Betriebs- und Instandhaltungskosten entwickeln sich wie folgt: 40.000, 50.000, 60.000, 70.000, 80.000, 85.000, 90.000, 100.000, 110.000, 120.000. Der Restwert (RW) des Lkw hat folgende Werte: 110.000, 80.000, 60.000, 50.000, 40.000, 30.000, 20.000, 10.000, 5.000, 0.
Überschuss p. a.
= Erlöse + Restwert – AfA – Betriebs-/Instandhaltungskosten
= E + RW – AfA – Kosten
Grafisch:
Tabellarisch:
Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Angaben in T € 1 Erlöse 105 105 105 105 105 105 105 105 105 105 2 Restwert 110 80 60 50 40 30 20 10 5 0 3 AfA 12 12 12 12 12 12 12 12 12 12 4 Betriebs-/Instandhaltung 40 50 60 70 80 85 90 100 110 120 5 Überschuss 163 123 93 73 53 38 23 3 –12 –27 Die Modellrechnung (hier: statische Betrachtung) zeigt, dass der Überschuss (gerade noch) im 8. Jahr positiv ist und danach die Werte –12.000 € im 9. Jahr und –27.000 € im 10. Jahr annimmt. Das Unternehmen sollte nach dieser Rechnung den Lkw am Ende des 8. Jahres verkaufen/verschrotten.
02. Wie lässt sich die wirtschaftliche Nutzungsdauer ermitteln?
Bei der Bestimmung der wirtschaftlichen Nutzungsdauer unterscheidet man zwei Fälle:
Einmalige Investition (Nichtwiederholung)
Wiederholte Investition (Investitionsketten).
Für jeden der beiden Fälle gibt es eine eigene Entscheidungsempfehlung. Es können sich also bei einer bestimmten Situation rechnerisch unterschiedliche Nutzungsdauern ergeben – je nachdem, ob eine Einmalinvestition oder eine Investitionskette vorliegt.
03. Wie wird die wirtschaftliche Nutzungsdauer bei einer einmaligen Investition berechnet?
Bei einer einmaligen Investition wird die optimale Nutzungsdauer nach der Kapitalwertmethode ermittelt: Der Kapitalwert ergibt als Summe der abgezinsten Nettoeinzahlungen plus Barwert des jeweiligen Restwertes vermindert um die Anschaffungsauszahlung (dynamische Betrachtung). Abschreibungen stellen keine Zahlungen dar und werden nicht berücksichtigt. Es gilt also:
$$C_{0} = Σ\; \frac{E_i – A_i}{q^i} + \frac{RW}{q^i} – A_{0}$$
$C_0$ | = Kapitalwert |
$E_i$ | = Einzahlungen |
$A_i$ | = Auszahlungen |
$A_0$ | = Anschaffungswert |
$\frac{1}{q^i}$ | = Abzinsungsfaktor |
$i$ | = 1, …, n |
RW | = Restwert |
Für ein Investitionsobjekt (Anschaffungskosten 120.000 €) liegen folgende Einzahlungsüberschüsse und Restwerte vor. Es wird ein Kalkulationszinssatz von 10 % unterstellt.
Nutz-ungs-dauer in Jahren | Einzahl-ungs-über-schüsse (ohne RW) | Abzin-sungs-faktoren | Bar-werte der Einzahl-ungs-über-schüsse | Kumu-lierte Bar-werte der Einzah-lungs-über-schüsse | Restwerte des Objekts | Bar-wert der Rest-werte | Anschaf-fungs-wert A0 | Kapital-wert C0 (5) + (7) - (8) |
2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | |
1 | 53.000 | 0,909091 | 48.182 | 48.182 | 110.000 | 100.000 | 120.000 | 28.182 |
2 | 43.000 | 0,826446 | 35.537 | 83.719 | 80.000 | 66.116 | 120.000 | 29.835 |
3 | 33.000 | 0,751315 | 24.793 | 108.512 | 60.000 | 45.079 | 120.000 | 33.591 |
4 | 23.000 | 0,683013 | 15.709 | 124.221 | 50.000 | 34.151 | 120.000 | 38.372 |
5 | 13.000 | 0,620921 | 8.072 | 132.293 | 40.000 | 24.837 | 120.000 | 37.130 |
6 | 8.000 | 0,564474 | 4.516 | 136.809 | 30.000 | 16.934 | 120.000 | 33.743 |
7 | 3.000 | 0,513158 | 1.539 | 138.348 | 20.000 | 10.263 | 120.000 | 28.611 |
8 | –7.000 | 0,466507 | – 3.266 | 135.082 | 10.000 | 4.665 | 120.000 | 19.747 |
9 | –17.000 | 0,424098 | – 7.210 | 127.872 | 5.000 | 2.120 | 120.000 | 9.992 |
10 | –27.000 | 0,385543 | – 10.410 | 117.462 | 0 | 0 | 120.000 | – 2.538 |
Im vorliegenden Fall beträgt die wirtschaftliche Nutzungsdauer vier Jahre (der Kapitalwert ist maximal). Das Investitionsobjekt sollte also – falls keine Nachfolgeinvestition geplant ist – vier Jahre genutzt werden.
Allgemein gilt die Entscheidungsregel bei einer einmaligen Investition : Die Nutzungsdauer ist dann optimal, wenn der Kapitalwert sein Maximum erreicht .
04. Wie wird die wirtschaftliche Nutzungsdauer bei einer unendlichen Investitionskette berechnet?
Eine Investitionskette beinhaltet, dass eine Investition durch einen Nachfolger (Ersatzinvestition) ersetzt wird. Wenn eine Ersatzinvestition beispielsweise drei Mal alle zwei Jahre ersetzt wird, dann liegt eine endliche Investitionskette vor. Unternehmen sind häufig nicht zeitlich begrenzt, sodass man auch von einer unendlichen Investitionskette ausgehen kann. Für diesen Fall werden die nachfolgenden Verfahrensschritte aufgezeigt. Das Beispiel knüpft an den Fall der Frage 03 an.
Die Ermittlung der optimalen Nutzungsdauer erfolgt in vier Schritten:
1. Schritt:
Es werden die Kapitalwerte $C_0$ der Nutzungsjahre berechnet (vgl. Spalte 2 der nachfolgenden Tabelle).
2. Schritt:
Die ermittelten Kapitalwerte werden mit dem Kapitalwiedergewinnungsfaktor KWF gewichtet; man erhält den durchschnittlichen jährlichen Einzahlungsüberschuss bei der jeweiligen Nutzungsdauer.
3. Schritt:
Durchschnittliche Einzahlungsüberschüsse werden durch 0,1 (= Kalkulationszinssatz von 10 %) dividiert (Übergang 4. zur 5. Spalte).
4. Schritt:
Die Nutzungsdauer ist optimal, wenn der Kapitalwert seinen Maximalwert erreicht. Dies ist im vorliegenden Fall im 1. Jahr erreicht.
Nutzungsdauer in Jahren | Kapitalwert (letzte Spalte, Tabelle Frage 03) | Kapitalwieder-gewinnungsfaktor (KWF mit i = 0,1) | Durchschnittlicher Einzahlungsüberschuss p. a. bei der jeweiligen Nutzungsdauer | Kapitalwert Investitionskette |
1 | 28.182 € | 1,100000 | 31.000 € | 310.000 € |
2 | 29.834 € | 0,576190 | 17.190 € | 171.900 € |
3 | 33.591 € | 0,402115 | 13.507 € | 135.070 € |
4 | 38.372 € | 0,315471 | 12.105 € | 121.050 € |
Bei einer einmaligen Investition sollte der Lkw (siehe Frage 03) nach 4 Jahren ersetzt werden, während im Rahmen einer unendlichen Investitionskette der maximale Kapitalwert bereits am Ende des 1. Jahres festzustellen ist. Das bedeutet, dass der Lkw nach dem Ende des ersten Jahres ersetzt werden sollte. Die zeitliche Differenz (1. Jahr versus 4. Jahr) lässt sich finanzmathematisch so erklären, dass via Annuität Durchschnittswerte ermittelt werden, während dies bei einer einmaligen Ersatzinvestition nicht der Fall ist. Der frühere Ersatzzeitpunkt ist ökonomisch plausibel, da geringere Einzahlungsüberschüsse der Folgejahre vermieden werden und höhere Restwerte zu höheren Einzahlungsüberschüssen führen.
05. Welche Nachteile hat die Berechnung der optimalen Nutzungsdauer?
Die dargestellten Berechnungsarten für eine einmalige Investition bzw. bei Ketteninvestitionen zeigen, dass
technische Entwicklungen nicht berücksichtigt werden und
mit konstanten Wiederbeschaffungswerten gerechnet wird.
Die Ermittlung der optimalen Nutzungsdauer hat daher in der Praxis nur geringe Bedeutung.
06. Welche Faktoren bestimmen den optimalen Ersatzzeitpunkt?
Jedes Unternehmen sollte möglichst jährlich prüfen, ob es lohnend ist mit den bestehenden Anlagen weiter zu arbeiten oder ob sie ersetzt werden sollten. Es existiert folgende Grundsituation:
Bei der Altanlage sind i. d. R. die Betriebs- und Instandhaltungsauszahlungen höher als bei der Neuanlage.
Die Anschaffung der Neuanlage kann mit Rationalisierungsvorteilen verbunden sein (höhere Stückzahlen, verbesserte Qualität).
Grundsätzlich ist die Beantwortung der Frage „Weiterbetrieb der Altanlage oder Ersatzinvestition?“ von folgenden Faktoren abhängig:
Betriebs- und Instandhaltungsauszahlungen
der Altanlage
der Neuanlage
Kalkulationszinssatz
Restwert
der Altanlage
der Neuanlage
Anschaffungsauszahlungen für die Neuanlage
evtl. Veränderung der Einzahlungen bei Neuanschaffung.
Für eine Entscheidung können Ansätze mit oder ohne Restwert verwendet werden.
Die Altanlage sollte dann ersetzt werden, wenn die (wegfallenden) Betriebs- und Instandhaltungskosten der Altanlage höher sind als die (neu entstehenden) Auszahlungen für die Neuanlage (= Betriebs- und Instandhaltungskostenneu + Annuität der neuen Anschaffungsauszahlung). Der Kapitaldienst der Altanlage wird vernachlässigt, wenn die Finanzierung abgeschlossen ist.
Beispiel
Beispiel ohne Restwert
Bei einer Anlage zur Folienherstellung soll der optimale Ersatzzeitpunkt überprüft werden. Es soll gelten:
Restwert | Betriebs- und Instandhaltungs-auszahlung | Anschaffungs-auszahlungen | Kalkulations-zinssatz/Jahre | |
Altanlage | 0 | 2,6 Mio. € | ||
Neuanlage | 0 | 1,0 Mio. € | 8,0 Mio. € | 8 %/10 Jahre |
(1) Betriebs.-/Instandhaltung (alt)
= 2.600.000
(2) Betriebs.-/Instandhaltung (neu) + Anschaffungsauszahlung * KWF
= 1.000.000 + 8.000.000 * 0,149029 = 2.192.232
→ Betriebs.-/Instandhaltung (alt) > Betriebs.-/Instandhaltung (neu) + Annuität der neuen Anschaffungsauszahlung
→ Die Altanlage sollte ersetzt werden. Das Unternehmen kann dadurch jährlich rd. 400.000 € sparen.
Wenn ein Rest der Altanlage berücksichtigt wird, dann erhöhen sich die Kosten der Altanlage um die Restwertminderung, falls die Anlage nicht verkauft und somit weiter betrieben wird. Die Kosten für die Altanlage steigen auch für den Fall eines nicht realisierten Verkaufs um den Zinsverlust, da die Verkaufserlöse nicht zinsbringend angelegt werden können.
Wenn bei der Neuanlage ein Restwert eingerechnet wird, dann muss der Barwert des Restwertes ermittelt werden, bevor die Annuität zu der Differenz Anschaffungsauszahlung abzüglich Restwertbarwert berechnet wird.