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Buchführung

Umgekehrte Maßgeblichkeit

Die umgekehrte Maßgeblichkeit sorgt dafür, dass steuerliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung in Übereinstimmung mit der Handelsbilanz auszuüben sind.

Das Handelsrecht enthielt daher in §§ 254, 279 Abs. 2, 280 Abs. 2 und 281 HGB alte Fassung sogenannte Öffnungsklauseln.

Diese Öffnungsklauseln sorgten dafür, dass eine nach steuerlichen Vorschriften zulässige Bewertung eines Vermögensgegenstands auch handelsrechtlich zulässig war.

Warum gab es die umgekehrte Maßgeblichkeit?

Macht diese die ganze Sache nicht nur noch komplizierter?

Der Gesetzgeber wollte mit der Maßgeblichkeit sowie der umgekehrten Maßgeblichkeit dafür sorgen, dass sowohl die Handels- als auch die Steuerbilanz möglichst gleich aussehen. Unterschiedliche Bewertungen von Vermögensgegenständen in der Handels- und der Steuerbilanz verkomplizieren die Erstellung des Jahresabschlusses und der Steuererklärung.

Außerdem führen große Abweichungen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz zu großen Abweichungen zwischen dem handelsrechtlichen Überschuss und dem zu versteuernden Einkommen.

Zunächst erklären wir dazu noch den Begriff der Drohverlustrückstellung:

Hinweis

Die Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften (sog. Drohverlustrückstellung) erfasst künftige, noch nicht realisierte Verluste. Ein Verlust aus einem schwebenden Geschäft droht, wenn sich Erträge und Aufwendungen aus demselben noch nicht abgewickelten Geschäft nicht ausgleichen, beispielsweise wenn ein langfristiger Mietvertrag abgeschlossen wurde und die Räume weder genutzt noch untervermietet werden können oder auch bei einem Auftrag, der falsch kalkuliert wurde.

In diesem Fall erwartet der Unternehmer einen Verlust aus dem Dauerschuldverhältnis und bildet eine Drohverlustrückstellung. Da zum Bilanzstichtag noch nicht klar ist, ob dieser Verlust tatsächlich eintritt, möchte die Finanzverwaltung diesen Verlust auch nicht steuermindernd (weil mehr Aufwand und weniger Gewinn) anerkennen.

Beispiel für eine Abweichung zwischen Handels- und Steuerbilanz

Beispiel

Ein Unternehmen hat einen handelsrechtlichen Jahresüberschuss in Höhe von -50.000 € erwirtschaftet. Darin enthalten ist der Aufwand in Höhe von 100.000 € für eine Drohverlustrückstellung.
Wie bereits im letzten Text beschrieben, wird eine Drohverlustrückstellung steuerlich nicht anerkannt. Die steuerliche Gewinnermittlung läuft daher folgendermaßen:

Handelsrechtlicher Verlust: -50.000 €
Aufwand Drohverlustrückstellung: + 100.000 €
Steuerlicher Gewinn: =  50.000 €
Zu versteuerndes Einkommen: +50.000 €

Körperschaftsteuer (15 %): 7.500 €
Solidaritätszuschlag (5,5 % v. KSt): 412,50 €
Gewerbesteuer (400% Hebesatz): 7.000 € (50.000 x 3,5% x 400%)

Ein Unternehmen, das handelsrechtlich einen Verlust erwirtschaftet hat, muss also trotz der schlechten wirtschaftlichen Lage Steuern in Höhe von insgesamt 14.912,50 € bezahlen.

Solche Differenzen versucht auch der Gesetzgeber etwa durch die Maßgeblichkeit zu vermeiden. Eine Angleichung der Handels- und Steuerbilanz scheint eine angemessenere Grundlage etwa für die Besteuerung zu sein. Dennoch zeigt gerade das oben gewählte Beispiel, dass trotz der Maßgeblichkeit bzw. insbesondere aufgrund steuerlicher Sonderregelungen ein Gleichlauf nicht immer erzielt wird.

Dies liegt vor allem daran, dass die Finanzverwaltung ein Interesse an einem möglichst hohen Steueraufkommen hat. Dagegen ist es das Ziel des Handelsrechts, den Gläubigern, den Lieferanten und der gesamten Öffentlichkeit ein möglichst faires Bild von der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zu geben.

Merke

Ein und derselbe Sachverhalt kann daher steuerlich anders beurteilt werden als handelsrechtlich. Dies lässt sich auf die unterschiedlichen Zielsetzungen des Gesetzgebers bei der Normierung des Handelsrechts und des Steuerrechts zurückführen.