Kursangebot | Bilanz nach Steuerrecht | Gewillkürtes Betriebsvermögen

Bilanz nach Steuerrecht

Gewillkürtes Betriebsvermögen

Wenn Wirtschaftsgüter nicht eindeutig dem notwendigen Betriebsvermögen und auch nicht eindeutig dem notwendigen Privatvermögen zugeordnet werden können und trotzdem aber in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und diesen zu fördern bestimmt sind, so besteht das Wahlrecht, sie als gewillkürtes Betriebsvermögen zu behandeln und in der Bilanz auszuweisen (R 4.2 I 3 EStR).

Wahlrecht bei Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und EÜR

Dieses Wahlrecht besteht sowohl bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich als auch bei der Gewinnermittlung nach der Einnahmenüberschussrechnung.

Expertentipp

Die Ausübung des Wahlrechts erfolgt gewissermaßen durch konkludentes Handeln.
  • Wenn der Unternehmer ein Wirtschaftsgut in der Bilanz ausweist, welches weder eindeutig notwendig zum Betriebs- noch zum Privatvermögen zu rechnen ist, so hat er dies daher dem Betriebsvermögen zugeordnet. 
  • Wenn er dies nicht tut und also nicht bilanziert, so hat er das Wirtschaftsgut dem Privatvermögen zugerechnet und nicht dem - gewillkürten - Betriebsvermögen.

Eine andere Rechtsfolge hierzu ist, dass wenn ein Wirtschaftsgut nicht bilanziert worden ist, die Bilanz auch nicht falsch ist und also nicht berichtigt werden kann. Als kleiner Vorgriff auf eine spätere Lerneinheit sei deswegen hier schon erwähnt, dass man unter einer Bilanzberichtigung versteht, dass ein richtiger Bilanzansatz einen falschen Bilanzansatz ersetzt. Wenn aber ein Wirtschaftsgut nicht in der Bilanz erwähnt ist, dann ist dies die Ausübung des Wahlrechts durch den Unternehmer und als solches nicht falsch und also auch nicht berichtigungsfähig.

Wenn ein Wirtschaftsgut dem gewillkürten Betriebsvermögen zugeordnet wurde, indem es in der Bilanz erwähnt ist, so kann es nur dadurch den betrieblichen Bereich wieder verlassen, indem es veräußert oder entnommen wird. Hierdurch kommt es zu einer Gewinn- oder Verlustrealisierung. Wenn also die Voraussetzungen für die Buchung als gewillkürtes Betriebsvermögen nicht vorliegen und das Wirtschaftsgut trotzdem als solches gebucht wurde, so ist es nicht möglich, ein einmal ins gewillkürte Betriebsvermögen gebuchtes Wirtschaftsgut erfolgsneutral auszubuchen. 

Zuordnungsregel für gemischt genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter

Problematisch ist oftmals, dass bestimmte Wirtschaftsgüter zum Teil beruflich und zum anderen Teil privat genutzt werden. Die Zuordnung zum betrieblichen Bereich bzw. zum privaten Bereich fällt dadurch schwer. Deshalb existieren für gemischt genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter (und nur für diese!) folgende Zuordnungsregeln:

  • betriebliche Nutzung > 50 %
    • notwendiges Betriebsvermögen
  • betriebliche Nutzung mindestens 10 % und höchstens 50 %betriebliche Nutzung
    • gewillkürtes Vermögen
      • gewillkürtes Betriebsvermögen
      • gewillkürtes Privatvermögen
  • betriebliche Nutzung < 10 %
    • notwendiges Privatvermögen

Beispiel für gemischt genutzte bewegliche Wirtschaftsgüter

Beispiel

Beispiel:
Der Steuerpflichtige Fritz aus Stuttgart nutzt sein Auto zu 70 % beruflich und zu 30 % privat.

Das Auto ist ein gemischt genutztes bewegliches Wirtschaftsgut und muss, weil es zu mehr als 50% eigenbetrieblich genutzt wird, komplett dem betrieblichen Bereich zugerechnet werden (R 4.2 I 4 EStR). Es kommt also nicht etwa zu einer Bilanzierung nur in Höhe von 70 %.

Merke

Zusätzlich hierzu ist die private Mitbenutzung als Entnahme mit den anteiligen Kosten zu erfassen. Wenn die anteiligen Privatkosten vorsteuerbelastet waren, so entsteht zusätzlich Umsatzsteuer (§ 1 I Nr. 1 UStG i.V.m. § 3 IXa Nr. 1 UStG).

Wenn die betriebliche Nutzung zwischen 10 % und 50 % (beides inklusive) liegt, so hat der Unternehmer ein Wahlrecht der Zuordnung zum gewillkürten Betriebsvermögen. Dieses kann nur durch eine Einlagebuchung ausgeübt werden. Unterbleibt diese Einlagebuchung, so ist es im Nachhinein nicht möglich, das Wirtschaftsgut rückwirkend dem betrieblichen Bereich zuzuordnen. Die private Mitbenutzung ist auch hier wieder mit den anteiligen Kosten zu erfassen. Ebenso wie oben entsteht Umsatzsteuer, wenn die anteiligen Privatkosten vorsteuerbelastet waren (§ 1 I Nr. 1 UStG i.V.m. § 3 IXa Nr. 1 UStG).

Beispiel

Beispiel:
Ein Gewerbetreibender nutzt seinen Pkw zu 35 % eigenbetrieblich und zu 65 % privat. 

Er hat das Wahlrecht, den Pkw dem gewillkürten Betriebsvermögen zuzuordnen. Dieses Wahlrecht kann durch Bilanzierung des Pkw ausgeübt werden.

Zuordnung zum notwendigen Privatvermögen

Wenn ein Wirtschaftsgut zu weniger als 10% betrieblich genutzt wird, so zählt es nach der Zuordnungsregel zum notwendigen Privatvermögen (R 4.2 I 5 EStR).

Expertentipp

Die Zuordnung zum notwendigen Privatvermögen kann also
  • zum einen durch die besondere Eigenart des Wirtschaftsguts erfolgen, 
  • zum anderen nach der tatsächlichen Nutzung im privaten Bereich.