Inhaltsverzeichnis
Folgende Aufgabe möge das Vorgehen der Tobin-Separation ein wenig erhellen.
Beispiel
Rudi Ratlos, seinerzeit BWL-Student und gerade im Examensstress, hat $100.000 €$ geerbt, die er nun anlegen möchte. Da er sich sowieso gerade mit dem Capital Asset Pricing Model befaßt, möchte er die frisch gelernte Theorie nun anwenden. Er trägt folgende Informationen zusammen:
Zum einen könnte er in eine festverzinsliche, risikolose Anlage zu $5 %$ investieren. Darüber hinaus bietet sein Anlageberater („ein ganz gerissener Fuchs“, so Rudi Ratlos) ihm die Aktie der Profit AG an, die eine erwartete Rendite von $10 %$ bei einer Varianz von 9 besitzt. Seine Freundin hatte beim intensiven Zeitungsstudium von der Bescheiden AG gelesen, deren Aktie eine erwartete Rendite von $8 %$ bei einer Varianz von 4 besitzt.
Die Renditen der Profit und der Bescheiden AG hängen nun aber zusammen: der Korrelationskoeffizient zwischen den beiden beträgt $0,4$.
Rudi möchte nun bei möglichst geringem Risiko eine erwartete Rendite von $7 %$ erzielen. Wie teilt er nach dem CAPM sein Geld auf die drei Anlagealternativen auf? Welches Risiko verbleibt ihm bei einem Erwartungswert der Rendite von $7 %$?
Vorgehen bei der Tobin-Separation
Wir bezeichnen mit A die Aktie der Profit AG und mit B jene der Bescheiden AG. Es gilt dann: $\ \mu_A = 10,\ \mu_B = 8,\ \sigma_A= 3,\ \sigma_B = 2,\ k_{A, B} = 0,4,\ r_f = 5 $.
Die Aufteilung nach dem CAPM nach dem Annahmen der Tobin-Separation erfolgt in zwei Schritten:
Bestimmung des Marktportefeuilles
1. Schritt: Bestimmung Marktportefeuille $\ P^* $ aus Aktien A und B
$\ \mu_P = 10x_A + 8x_B = 10x_A + 8(1 – x_A) = 2x_A + 8 \Leftrightarrow 2x_A = \mu_P – 8 \Leftrightarrow x_A = \frac{1}{2} \mu_P – 4 $.
Hierbei ist $\ \mu_P $ der Erwartungswert des Portefeuilles aus A und B sowie $\ x_A $ der Anteil der Aktie der Profit AG am Portefeuille. Dann gilt natürlich $\ x_B = 1 - x_A $ als Anteil der Aktie der Bescheiden AG am Portefeuille $\ P^* $, das aus den Aktien A und B besteht.
Nun wird die Varianz des Aktienportefeuilles in Abhängigkeit des Anteils der Aktie der Profit AG berechnet:
$\ \sigma^2_P=x^2_A \sigma^2_A+x^2_B \sigma^2_B+2x_A x_B \sigma_A \sigma_B k_{A,B} $
= $\ 9x^2_A+4x^2_B+2x_A x_B \cdot 3 \cdot 2 \cdot 0,4 $ = $\ 9x^2_A+4(1-x_A)^2+2x_A(1-x_A) \cdot 3 \cdot 2 \cdot 0,4 $
= $\ 9x^2_A+4-8x_A+4x^2_A+4,8x_A-4,8^2_A $
= $\ 8,2x^2_A-3,2x_A+4 $
Varianz des Aktienportefeuilles
Dann wird in die Formel für die Varianz des Aktienportefeuilles eingesetzt:
$$\ \sigma^2_P=8,2 \cdot ({1 \over 2} \cdot \mu_P-4)^2 - 3,2 \cdot ({1 \over 2} \cdot \mu_P-4)+4=2,05 \cdot \mu^2_P-34,4 \cdot \mu_P+148 $$ $$\ \Rightarrow \sigma_P= \sqrt{2,05 \mu^2_P- 34,4 \mu_P+148} $$ Nun: $\ P^* $ liegt auch auf der Kapitalmarktlinie, die Tangente an die Effizienzlinie ist.
Deshalb muß man zunächst die Kapitalmarktlinie hinschreiben: Es gilt daher
$$\ \mu_{\overline P}= r+ {\mu_P-r \over \sigma_P} \cdot \sigma_{\overline P} \Leftrightarrow \sigma_{\overline P}={ \sigma_P \over \mu_P-r} \cdot \mu_{\overline P}-{r \cdot \sigma_P \over \mu_P-r} $$ Hier bezeichnet das Portefeuille, das zum einen aus dem Aktienportefeuille (also aus A und B) und zum anderen aus der risikolosen Anlage besteht.
Steigung der Kapitalmarktlinie
Alsdann ist die Steigung der Kapitalmarktlinie gleich der partiellen Ableitung der o.e. Streuung von P nach dem Erwartungswert, d.h.: $$\ {d \sigma_P \over d \mu_P}={\sigma_P \over \mu_P-r} $$
Also: $$\ {4,1 \mu_P-34,4 \over 2 \cdot \sqrt{2,05 \mu^2_P-34,4 \mu_P+148}}={\sqrt{2,05 \mu^2_P-34,4 \mu_P +148} \over \mu_P-r} $$ $$\ \Leftrightarrow (4,1 \mu_P – 34,4)( \mu_P – 5) = (2,05 \mu^2_P-34,4 \mu_P+148)\cdot 2 $$
Nach langer Rechnerei erhält Rudi Ratlos schließlich
$\ \mu_P = 8,92086 \Rightarrow \sigma_P = \sqrt{2,05 \cdot 8,92086^2 - 34,4 \cdot 8,92086+148}=2,065 $. Dies sind der Erwartungswert für die Rendite des Aktienportefeuilles sowie ihre Streuung.
$\ x_A ={1 \over 2} \cdot 8,92086 – 4 = 0,46043 \Rightarrow x_B = 1 – 0,46043 = 0,53957 $.
Dadurch erhält man aber auch die Anteile der Aktien A und B:
2. Schritt: Mischung nach der Risikoneigung:
Rudi Ratlos möchte nun genau $7 %$ als Rendite für sein Portefeuille haben, das nicht nur aus den Aktien A und B, sondern auch aus der risikolosen Anlage zu $r = 5 %$ besteht. Also:
$$\ \mu_{\overline P}=r+{\mu_P-r \over \sigma_P} \cdot \sigma_{\overline P} \Leftrightarrow 7=5+{8,92086-5 \over 2,065} \cdot \sigma_{\overline P}=5+1,8987 \cdot \sigma_{\overline P} \Leftrightarrow \sigma_{\overline P} =1,0534 $$.
Damit läßt sich nun endlich durchstoßen:
Aktienportefeuille und risikolose Anlage
Das Portefeuille besteht insgesamt aus dem Aktienportefeuille und der risikolosen Anlage:
$$\ 7 = 8,92086x_P + 5(1 – x_P) = 3,92086x_P + 5 \Leftrightarrow x_P = 0,510092 $$
Also gehen $51,0092 %$ der $100.000$ € ins Aktienportefeuille, der Rest dann entsprechend in die risikolose Anlage. Mithin werden $51.009,20 €$ ins Aktienportefeuille und 48.990,80 € in die risikolose Anlage gesteckt.
Genauer:
$23.486,17€$ werden in A investiert, $27.523,03€$ in die Aktie B und $48.990,8€$ in das festverzinsliche Wertpapier.
Weitere Interessante Inhalte zum Thema
-
Kauf und Verkauf von Wertpapieren
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Kauf und Verkauf von Wertpapieren (Geldverkehr) aus unserem Online-Kurs Buchführung interessant.
-
Annahmen des Modells der Kapitalmarktlinie
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Annahmen des Modells der Kapitalmarktlinie (Capital Asset Pricing Model (CAPM)) aus unserem Online-Kurs Investitionsrechnung interessant.
-
Bravais-Pearsonscher Korrelationskoeffizient
Vielleicht ist für Sie auch das Thema Bravais-Pearsonscher Korrelationskoeffizient (Korrelationsanalyse) aus unserem Online-Kurs SPSS Software interessant.